Wie macht man aus einem Wirtschaftswald ein Waldschutzgebiet?

Die richtigen Argumente

Ich frage Rammo nach Argumenten, die sich in der Vergangenheit bewährt haben. Was soll man einem Bürgermeister, einem Vorsitzenden des Umweltausschuss oder einem Vorsitzenden der CDU-Ratsfraktions sagen?

Rammo nennt zunächst einmal problematische Argumente: Man kann z. B. bei einem Waldschutzgebiet nicht unbedingt sagen, man würde die eine oder die andere konkrete Art retten. Also “Rettet den Hirschkäfer!” geht z. B. nicht. Denn der Hirschkäfer lebt genauso gut im Wirtschaftswald und viele Totholzkäfer kann man auch in den Wirtschaftswald integrieren, wenn man es geschickt macht. Der Schwarzspecht ist völlig problemlos in einem naturnah bewirtschafteten Wald. Im Saarland ist er z. B. flächendeckend vorhanden. Und die Wildkatze hat auch überhaupt kein Problem damit, wenn ordentlich gewirtschaftet wird. Zu behaupten, ein Waldschutzgebiet diene dem Überleben einer ganz bestimmten Art, ist also ein Stück weit unseriös.

Rammo meint, es müsse mehr über die Emotionen gehen. Er persönlich hält viel von Aldo Leopold und seinem Verständnis von Wildnis: “Wildnis ist eine Absage an die Arroganz des Menschen.” Damit kann man die Vertreter der Intelligenz und der Kultur in der Stadt ansprechen. Denn ein Stück Natur in Ruhe zu lassen, ein Stück Natur loszulassen, das ist ein kultureller und kein naturwissenschaftlicher Akt.

Releeberg

Der Verzicht auf Einnahmen aus dem Holzverkauf

Viele Dinge scheitern am Geld und so frage ich, auf wie viel Geld das Saarland verzichtet, weil es im Urwald kein Geld mehr mit dem Holzverkauf verdient.

Rammo weiß darauf tatsächlich eine ganz konkrete Antwort: 300.000 € pro Jahr. Es gab vor der Einrichtung des Schutzgebiets ein Gutachten über die Einkommensverluste aus dem Holzverkauf und das kam bei den damaligen Holzpreisen auf eben diese Zahl. Diese Größenordnung ist aber immer noch realistisch; im Gebiet sind einige Eichenbestände drin und die bringen nach wie vor richtig gutes Geld, die Buche weniger – aber grundsätzlich sind das seriöse Zahlen. Ich wundere mich; als Laie hatte mit viel größeren Einnahmeausfällen gerechnet.

Trotzdem ist Rammo nicht glücklich damit, wie damals mit dem Gutachten umgegangen wurde. Es wurde unterdrückt und bei den parlamentarischen Beratungen nie erwähnt. Man hätte aber sauber argumentieren und klarstellen müssen, dass sich durch den Nutzungsverzicht die Bilanz des Landesbetriebs verschlechtert. Trotzdem will der Finanzminister eine Schwarze Null sehen, und es wird immer schwieriger, diese Vorgabe zu erreichen.

Releeberg

Arbeitsplätze durch den Urwald

Waldschützer argumentieren gerne damit, dass ein Waldschutzgebiet viele Arbeitsplätze schaffe. Aber wie viele Arbeitsplätze sind durch den Urwald wirklich geschaffen worden?

Die Zahlen von Rammo sind leider enttäuschend und man reibt sich verwundert die Augen: es sind nicht einmal zwei volle Stellen; um genau zu sein, es sind 1,3. Die Erklärung geht so: Eine volle Planstelle als Beamter im gehobenen Dienst hat der Urwaldförster im Urwaldrevier. Interessanterweise ist diese Stelle schwer zu besetzen: Winfried Lappel hat die Stelle seit dem 1.3.2019. Davor war die Stelle zwei Jahre unbesetzt; sein Vorgänger Martin Müller schied schon 2017 aus dem Amt. Auch Müller trat die Stelle 2014 erst nach einjähriger Vakanz an. ((siehe Neuer Urwaldförster, Forstpraxis vom 10.9.2014))

Die drittel Stelle kommt durch Waldarbeiter zustande; selbst wenn zwei oder drei Trupps gleichzeitig im Urwald arbeiten, so sind diese immer nur ein paar Tage im Urwald. Rechnerisch kommt man so auf ein Drittel einer vollen Stelle. Die Waldarbeiter machen die Verkehrssicherung und reparieren die Brücken oder andere Dinge, die ständig gewartet werden müssen.

Der NABU beschäftigt Personen für Kinderferienprojekte ((siehe Wald-Erlebnis-Camps)) oder für Schulprojekte, wo z. B. ein Wildnis-Pädagoge dabei ist. ((siehe Urwald macht Schule)) Letzterer ist aber kein fest angestellter Lehrer, er wird nur für die Dauer des Projekts beschäftigt. Der NABU rechnet das Projekt dann mit dem Umweltministerium ab.

Das sind nicht gerade viele Arbeitsplätze. Anfangs ging man optimistisch damit um und hat Zahlen aus dem Nationalpark Bayerischer Wald genommen, der gut und komfortabel ausgestattet ist. Das hat man heruntergebrochen und gesagt, es entstehen vier oder fünf Arbeitsplätze. Das hat sich nicht bewahrheitet.

Ein ganz großes Defizit ist, dass keine Forschung im Gebiet stattfindet und so auch keine Arbeitsplätze z. B. für Biologen oder Forstwissenschaftler geschaffen werden. Forschung wäre aber dringend nötig, um zu zeigen, was die sogenannte Stilllegung für Folgen hat. Gerade im Wald ist alles auf Langfristigkeit angelegt und Studien müssten eigentlich alle 10 Jahre wiederholt werden. Eine Biologie-Fakultät gibt es in Saarbrücken nicht mehr. Die naturwissenschaftlichen Fächer wurden völlig an die Wand gefahren, sodass diese auch keine Diplomanden mehr schicken können, die ihre Abschlussarbeiten im Urwald machen.

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