Beschwerden und Anfragen

Offener Brief an Herrn Püttmann

Mit Erlaubnis von Herrn Schulz habe ich mich in den Briefwechsel mit Herrn Püttmann eingeschaltet. In meinem Brief vom 29. Mai 2014 verdeutliche ich mit einigen Rechnungen, dass das Verbrennen der 250 Altbuchen nicht zum Klimaschutz beigetragen hat:

Sehr geehrter Herr Püttmann!

Herr Schulz aus Oberhausen hat mir Ihr Schreiben vom 22.5.2014 weitergeleitet. In diesem Schreiben beantworten Sie Fragen, die Ihnen Herr Schulz zur Holzernte im Brinkmannswald gestellt hatte. Herr Schulz hat mir erlaubt, Ihnen zu Ihrem Schreiben Fragen zu stellen. Meine sieben Fragen beschränken sich ausschließlich auf Ihre Ausführungen zur Klimaschutzfunktion des Waldes.

In dem Gutachten des Fachbereichs V des Landesbetriebs, auf das Sie Bezug nehmen, ist die Rede von “Untersuchungen” in nordrhein-westfälischen Naturwaldzellen (NWZ), die belegen würden, dass dort seit 10 Jahren der Aufbau von Holzvorräten “kaum noch voranschreitet und zum Teil bereits stagniert”. Diese Aussage steht in Widerspruch zu Angaben von Frau Schulte, der Leiterin des nordrhein-westfälischen NWZ-Programms. Sie spricht lediglich davon, dass die “Steigerungsrate des Vorratszuwachses” in den ersten 20 Jahren des NWZ-Programms erheblich höher war als in den Folgejahrzehnten. Außerdem betont sie, dass es in allen NWZ nach 40 Jahren zu einem “deutlichen Vorratsaufbau” gekommen ist, so z. B. in der NWZ Schäferheld im Nationalpark Eifel. Im heute 168-jährigen Buchenwald ist der Vorrat von 238 Vfm/ha im Jahr 1971 um 50% auf 440 Vfm/ha im Jahr 2011 angestiegen1.

Meine Fragen:

  1. Wie hoch war der Holzvorrat pro ha vor der diesjährigen Holzernte im Brinkmannswald?
  2. Wie hoch war der jährliche Zuwachs pro ha vor der Holzernte?
  3. Ab wann wäre nach Ihrer Meinung kein weiterer Zuwachs mehr zu erwarten gewesen?

Bitte seien Sie so freundlich und nennen Sie mir auch die Autoren und den Titel der Untersuchungen, wonach der Vorratsaufbau in NWZ stagniert.

Nach oben

Im dritten Absatz auf Seite 2 Ihres Schreibens fassen Sie den Grundgedanken der Studie “Wald und Klima in NRW, Beitrag des NRW Clusters ForstHolz zum Klimaschutz” kurz zusammen: Das Holz aus dem Wald werde in langlebigen Produkten (Dachstühle, Möbel) verbaut. Das Kohlendioxid bleibe im Holzspeicher gebunden. Erst nach Jahrzehnten werde es verbrannt (Kaskadennutzung). Sie schreiben ganz richtig, dass es dann zwar “unsere Atmosphäre belastet”. Aber es ersetzt ja dann nur Kohle oder Öl, die ansonsten verbrannt würden.

Leider treffen Ihre Aussagen auf den Brinkmannswald überhaupt nicht zu. Das Holz der 250 gefällten Altbuchen wurde nicht in einer Kaskade genutzt. Die 250 Altbuchen wurden sofort verbrannt.

Zwar ist es richtig, dass das Kohlendioxid, das im Holz der 170 Jahre alten Buchen gespeichert war, seit 1840 der Atmosphäre entnommen worden ist. Dies hat aber den Anstieg der Kohlendioxidkonzentration von 278 ppm vor der Industrialisierung auf 400 ppm im Jahr 2014 nicht verhindern können. Nun wird das in 170 Jahren gespeicherte Kohlendioxid der 250 Altbuchen auf einmal wieder freigesetzt.

Meine Frage:

  1. Trägt die Freisetzung des Kohlendioxids aus den 250 verbrannten Altbuchen zur Klimaerwärmung bei?

Nach oben

Vielleicht werden Sie antworten: Ja, es trägt zwar zur Klimaerwärmung bei. Aber es substituiert Kohle, Öl oder Gas, die sonst verbrannt worden wären. Das spart zumindest fossile Energieträger.

Für den Klimaschutz wäre es aber besser gewesen, die 250 Altbuchen leben zu lassen und stattdessen 400 m3 Heizöl zu verbrennen2. Denn lebende alte Bäume entziehen der Atmosphäre weiterhin Kohlendioxid – was Buchenasche leider nicht kann. Das veranschaulicht die folgende Rechnung:

Ich nehme einmal an, vor den Fällungen betrug der lebende Holzvorrat auf den 10 ha des Brinkmannswald 4.000 Vfm. Dieser wuchs mit einer Rate von jährlich 2,5%. Im gesamten Brinkmannswald wären folglich im Jahr 2014 100 Vfm hinzugekommen.

Im Frühjahr 2014 wurden 250 Altbuchen gefällt, was 2.000 Vfm entspricht. Dadurch halbierte sich der Holzvorrat. Der jährliche Zuwachs sank so für 2014 auf nur noch 50 Vfm.

Wie lange dauert es, bis die 2.000 Vfm, die verbrannt wurden, wieder nachgewachsen sind? Mit ein bisschen Exponentialrechnung kommt man auf 28 Jahre: 2.000 Vfm • (1,025)28 = 4.000 Vfm. Im Jahr 2042 werden also wieder 4.000 Vfm Holz im Brinkmannswald stehen. Erst dann werden die Bäume alles Kohlendioxid, was bei der Verbrennung der 2.000 Vfm freigesetzt wurde, wieder durch die Fotosynthese aufgenommen haben.

Nach oben

Was wäre in den nächsten 28 Jahren im Brinkmannswald geschehen, hätte man die 250 Altbuchen leben lassen und stattdessen 400 m3 Öl verfeuert? Dann wären nicht 2.000, sondern 4.000 Vfm mit einer jährlichen Wachstumsrate von 2,5% gewachsen: 4.000 Vfm • (1,025)28 = 8.000 Vfm. Im Brinkmannswald hätten im Jahr 2042 8.000 Vfm gestanden:

 Szenario 1Szenario 2
Holzvorrat 20144.000 Vfm4.000 Vfm
Holzernte 20142.000 Vfm0 Vfm
Holzvorrat 20424.000 Vfm8.000 Vfm

Tabelle: Holzvorräte im Brinkmannswald mit und ohne Holzernte

Von den 8.000 Vfm müssen wir fairerweise den Anteil abziehen, der nötig ist, um das bei der Verbrennung der 400 m3 Heizöl freiwerdende Kohlendioxid zu binden. Nehmen wir an, dass dafür 2.000 Vfm nötig sind, so bleibt unter dem Strich immer noch ein Plus von 2.000 Vfm übrig. Der Brinkmannswald hätte nicht nur das Kohlendioxid aus der Verbrennung der 400 m3 Heizöl aufgenommen, sondern doppelt so viel. Die Kohlendioxidbilanz ist also ohne Baumfällungen und mit Verbrennung von Heizöl eindeutig besser.

Meine Fragen:

  1. Stimmen Sie der Rechnung im Grundsatz zu?
  2. Wie viele Festmeter Holz wurden im Frühjahr 2014 tatsächlich geerntet?
  3. Wie viele Festmeter wurden davon verbrannt?

Ich habe diesen Brief auf meiner Webseite veröffentlicht. Über Ihre Antwort bis zum 13. Juni 2014 würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen

 

1 Uta Schulte, Buche in Naturwaldzellen auf dem Vormarsch – Waldkundliche Ergebnisse nach 40 Jahren Dauerbeobachtung, in: Landesbetrieb Wald und Holz NRW (Hg.), 40 Jahre Naturwaldforschung in NRW – Eine Zwischenbilanz, Münster 2013, S. 41

2 250 Altbuchen liefern 2.000 Vfm Brennholz. 1 Vfm Brennholz entspricht 200 l Heizöl.

Videos und Literatur zum Thema “Wald und Klimaschutz”

 

Nach oben
Zurück zur Einleitung
Nächste Seite: WDR-Lokalzeit-Ruhr vom 28.3.2014