Halbwahrheiten über das Heizen mit Holz

“Es bleibt festzuhalten, dass in der Vergangenheit eine geringere Bevölkerung in Deutschland mit um Größenordnungen niedrigeren Energieansprüchen ausgereicht hat, um den Wald zu stark zu degradieren, da diese Ansprüche vielerorts die Tragfähigkeit überschritten.”
Wissenschaftler der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde ((Stellungnahme zum Holzkraftwerk Eberswalde))

Nachhaltige Bewirtschaftung von Plantagen

Der Film beginnt mit der Holzernte in der Oberförsterei Peitz des Landesbetriebs Forst Brandenburg. Eine Kiefer wird gefällt. Das Fällen ist dilettantisch; beim Umfallen reißt sie gleich ein halbes Dutzend junger Kiefern mit. Oberförster Claus-Jürgen Seliger ist laut Film zuständig für die “nachhaltige Bewirtschaftung”. Das bedeutet:

“Nur soviel darf entnommen werden, wie auch wieder nachwächst. Den meisten deutschen Wäldern geht es darum so gut wie seit Jahrhunderten nicht mehr. Heute werden Kahlschläge vermieden und statt dessen jedes Jahr nur ein Teil der Bäume gefällt.”

Spätestens hier möchte man abschalten. Denn gezeigt wird kein Wald, sondern eine Plantage von Kiefern, ein steriler, von “Funktionsförstern” ((Berufsbezeichnung auf der Webseite der Landesbetriebs)) geschaffener, künstlicher Forst. Pierre Ibisch, Professor für Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde, schreibt dazu:

“Über die Hälfte der [Brandenburger] Wälder sind im Grunde plantagenähnliche Waldstrukturen von Brandenburgs sogenanntem Brotbaum, der Waldkiefer; viele dieser Forsten sind gleichaltrige, monotone und strukturarme Bestände, die kaum weitere Funktionen erfüllen, als eben Holz zu produzieren.” ((Stellungnahme zum Holzkraftwerk Eberswalde, S. 24))

Dass jedes Jahr nur ein Teil der Bäume gefällt wird, ist eine ökonomische Selbstverständlichkeit und kein ökologisches Verdienst. Die ganze Szene wirkt wie für die Fernsehkamera inszeniert; denn Brennholz wird für gewöhnlich nicht mit der Motorsäge, sondern mit Harvestern geerntet. Claus-Jürgen Seliger, “Leiter nachhaltige Nutzung”: ((Berufsbezeichnung auf der Webseite der Landesbetriebs))

“Aber 10-15 % sind das schon, die Brennholz werden. Dies sind dann meistens die Teile, die wir ohnehin nicht so gut zu anderen Zwecken verarbeiten können.”

Seliger verrät beiläufig den großen Vorteil des Brennholzbooms: So können die Forstbetriebe auch minderwertiges Holz gewinnbringend vermarkten. Gäbe es keine Nachfrage nach Brennholz, würde sich das Fällen nicht lohnen und die krummen und schiefen Bäume würden ganz einfach weiter wachsen und auch weiterhin das Klimagas Kohlendioxid speichern.


Zahlen der Holz-Lobby

Die Filmemacher benutzen unhinterfragt Zahlen des Thünen-Instituts:

“In anderen Regionen Deutschlands […] wird auch mehr Holz direkt verheizt. Im deutschen Durchschnitt schätzen die Wissenschaftler des Thünen-Instituts für internationale Waldwirtschaft und Forstökonomie sind es etwa 40%. 40% nur für Brennstoff.”

Auch der folgende Satz stammt vermutlich direkt von Wissenschaftlern des Thünen-Instituts:

“Den meisten deutschen Wäldern geht es [..] so gut wie seit Jahrhunderten nicht mehr.”

Ich würde Aussagen und Zahlen des Thünen-Instituts nicht einmal mit der Kneifzange anfassen. Was die Initiative Soziale Marktwirtschaft für die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ist, das ist das Thünen-Institut für die Forst- und Holzwirtschaft. In meinen Augen ist es eine lupenreine Lobby-Organisation für die Wirtschaft. Die Zahl von 40 % ist mit Sicherheit zu niedrig angesetzt. Udo Mantau spricht bereits 2012 in seiner Holzrohstoffbilanz von 50%. ((siehe Gruselige Zahlen aus der Holzrohstoffbilanz))

Überhaupt haben es die Filmemacher nicht so mit Zahlen und aufwändiger, eigenständiger Recherche: Trotz des Booms ist der Anteil von Brennholz an der Strom- und Wärmeproduktion immer noch lächerlich gering. ((siehe Brennholz: Anteil an Stromerzeugung bei 2 % und Brennholz: Beitrag zur Wärmeerzeugung bei 7 %)) Darüber schweigen sich Friederike Lorenz und Silvia Kaiser aus. Sie fragen dazu auch keine Experten, die sich auskennen und die nicht auf der Gehaltsliste der Forst- und Holzindustrie stehen, wie z. B. László Maráz von der Dialogplattform Wald – Forum Umwelt und Entwicklung oder Prof. Dr. Felix Creutzig von der TU Berlin. ((siehe Felix Creutzig, Brennende Wälder, SZ vom 16. Januar 2018))

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