Probleme mit Leserbriefen – Teil 1

Hinweis: Ich möchte keinen Waldschützer persönlich kritisieren oder gar öffentlich bloßstellen. Deshalb nenne ich in dem folgenden Artikel keine Namen und auch keine Quellenangaben. Es geht nicht um einen konkreten Leserbrief, sondern um ein grundsätzliches Problem: Wie überzeugen wir als Waldschützer die Öffentlichkeit?

Ich habe Probleme mit den Leserbriefen von Waldschützern. Es ist nicht so, dass ich grundsätzlich etwas gegen Leserbriefe hätte. Ich selbst habe auch schon welche geschrieben. Aber ich habe Probleme mit der Art und Weise, wie einige Leserbriefe von Waldschützern geschrieben werden. Ich fürchte, dass diese Leserbriefe wenig nützen: Zwar machen die Waldschützer ihrem Herzen Luft und lassen ordentlich Dampf ab, aber sie werden vermutlich niemanden überzeugen, der nicht ohnehin schon Waldschützer ist. Häufig wird auch gar nicht so richtig deutlich, wogegen eigentlich protestiert wird.
Nehmen wir einen Satz als Beispiel:

“Anlass [des Protests] ist die brutale, den Wald vernichtende Art und Weise der Holzernte.”

Wenn Sie glauben, dass der Leserbriefschreiber nun im weiteren Leserbrief erklärt, warum die Holzernte “brutal” ist und den Wald “vernichtet”, dann irren Sie. Der Vorwurf wird nicht konkretisiert und nicht präzisiert. Was genau ist so “brutal”? Wird der Wald tatsächlich “vernichtet”? Das würde ja bedeuten, dass er gerodet und dann anderweitig z. B. als Parkplatz benutzt wird. Aber das meint der Schreiber sicherlich gar nicht. Was aber wird dann “vernichtet”? Wir erfahren es nicht. Noch sonderbarer ist der folgende Satz:

“Die Holzernte ist das Produkt des Denkens in Geld.”

Offenbar ist das als Vorwurf gemeint: Der Förster denkt bei der Holzernte an Geld. Aber das ist kein Vorwurf, sondern eine Binsenweisheit: Jeder Förster denkt bei der Holzernte an Geld. Er muss an Geld denken. Dafür wird er bezahlt. Das ist sein Job. Auch Knut Sturm vom Stadtwald Lübeck denkt an Geld. Der Vorwurf würde auch nicht besser durch den Zusatz des Wörtchens “nur”: Der Förster denkt “nur” ans Geld. Dann müsste der Leserbriefschreiber erläutern, woran der Förster sonst noch denken sollte: an den Weltfrieden vermutlich nicht. Woran dann? An den Schutz der Artenvielfalt? Welcher Arten? Welche Arten hat der Förster konkret geschädigt? Beispiele? Beweise? Begründung?

Ganz schlimm finde ich Vorwürfe, bei denen der Leser überhaupt nicht mehr versteht, was gemeint ist:

“Was sind das für Staatsdiener, die für die Landesforsten öffentlich den Anspruch auf Sonderrechte erheben, den Anspruch erheben, über dem Gesetz zu stehen, und das auch noch für berechtigt und angemessen halten.”

Ich verstehe nichts mehr: welche Sonderrechte? Welcher Forstbeamte hätte jemals den Anspruch erhoben, über dem Gesetz zu stehen?

Am Ende des Leserbriefs kommt dann doch noch ein konkreter Vorwurf. Es ist der Vorwurf, der von uns Waldschützern immer kommt, wenn uns nichts mehr einfällt. Und wenn wir eigentlich gar nicht so genau wissen, wogegen wir eigentlich sind. In höchster Erklärungsnot kommt immer der Vorwurf der Rückegassen:

“Nachgemessen sind es durchschnittlich nur etwa 25 m Abstand.”

Statt 30 m, wie vom Förster versprochen. Schlimm! Die Öffentlichkeit ist jetzt bestimmt schockiert! 5 m fehlen. Ich frage mich, was passieren würde, wenn das Forstamt tatsächlich 30 m einhalten würde. Wäre dann alles gut? Oder besser noch 40 m Abstand? Waldarbeiter mit Motorsägen und Rückepferde? So wie vor 50 oder 100 Jahren? Da war die Welt im Wald noch in Ordnung? Von wegen! Nichts wäre gut! Aber ich habe den Verdacht, dass manche Waldschützer so auf den Rückegassen herumreiten, weil ihnen sonst gar nichts einfällt.