Zerstörung des Buchenwalds am Neugesäß

Gutachten von Schönmüller und Panek

Verantwortlich für die Bewirtschaftung des Neugesäß ist das Forstamt Vöhl, das zum landeseigenen Betrieb Hessen-Forst gehört. Schönmüller und Panek erheben schwere Vorwürfe gegen Hessen-Forst:

Der Betrieb missachte “grundsätzlich” das Verschlechterungsverbot für FFH-Schutzgebiete und ignoriere die Erhaltungsziele “vollkommen”. Nahezu alle größeren hessischen FFH-Buchenwaldgebiete seien mittlerweile “drastisch”, “dramatisch” und “mit langfristiger Wirkung strukturell tiefgreifend” entwertet. Hessen-Forst sei allein an “kurzfristiger Gewinnoptimierung” interessiert und beute die alten Buchenwälder “ungehemmt” aus. Die forstliche Bewirtschaftung (“Festlegung  von  Hiebsätzen, Umtriebszeiten und Einschlags-, Erschließungs– sowie Bringungsmethoden“) innerhalb und außerhalb der Schutzgebiete sei “vollkommen gleich” (siehe Gutachten, S. 1). Ihre Vorwürfe untermauert haben Schönmüller und Panek einen Monat nach dem ersten Gutachten mit einem zweiten Gutachten vom Mai 2013: Umgang mit Buchenwäldern im Umfeld der UNESCO-Weltnaturerbestätte „Nationalpark Kellerwald-Edersee“.

Das erste Gutachten zum Neugesäß kritisiert insbesondere 5 schwere Verstöße gegen die FFH-Richtlinie und das Verschlechterungsverbot (siehe Gutachten, S. 7 f.):

1. Räumung der Altbuchen

In den Jahren 2009-2013 wurden die alten Buchen fast vollständig geräumt. Das angewendete Verfahren war das des Schirmschlags. Alte Buchen sind als Biotope für seltene und gefährdete Käfer, Pilze und Vögel ökologisch besonders wertvoll. Beispielsweise lebten vor den Hieben im Hohen Keller 3 Schwarzstorch-, 6 Rotmilan-, 1 Schwarzmilan-, 4 Wespenbussard– und 12 Rauhfußkauzpärchen (Gutachten, S. 4). Durch das Fällen wurde verhindert, dass die Buchen die Alters- und Zerfallsphase durchlaufen können (zur Problematik des Schirmschlags vgl. “Schirmschlag in Buchenwäldern” oder “Kritik am Schirmschlag im Harrl“).

OLYMPUS DIGITAL CAMERA2 junge Schwarzmilane im Horst, Quelle: Wikimedia Commons, Foto von Buteo

2. Zerstörung des Kronenschlusses

Das Kronendach war ursprünglich dicht geschlossen: Der Kronenschlussgrad lag zwischen 0,8 und 1,0, wobei 1,0 ein vollständige Überschirmung bedeutet. Nach den Lichtungshieben beträgt der Kronenschlussgrad nur noch zwischen 0,3 – 0,6. Häufig wachsen nur noch wenige Überhälter über der Buchenverjüngung.

Kronenschlussgrad im Neugesäß, Quelle: Norbert Panek

 

3. Gefährdung der Brutbäume seltener Großvogelarten

Um die Brutbäume von Wespenbussard, Habicht und Rot-Milan wurden vom Forstamt sogenannte “Horstschutzzonen” eingerichtet. Diese bestehen aber nur aus wenigen Bäumen. Oft fehlen sie ganz und Rückegassen wurden direkt neben Horstbäumen angelegt.

Pernis_apivorus_juv._0807182 junge Wespenbussarde im Nest, Quelle: Wikimedia Commons, Foto von R. Altenkamp

4. Zerstörung des Binnenklimas

In einem naturnahen Buchenwald herrscht ein kühl-humides Binnenklima. Dieses wurde durch die Hiebe wird zerstört.

5. Beseitigung des Totholzes

Vor den Hieben gab es im Neugesäß jahrhundertelang viel Totholz und viele alte Bäume. Das belegt das Vorkommen des Pilzes Ästiger Stachelbart. Dieser ist ein sogennanter “Urwaldzeiger“:

 2009-09-25_Hericium_coralloides_(Scop.)_Pers_58068_cropQuelle: Wikimedia Commons

Durch die Hiebe wurden das Totholz und die alten Bäume beseitigt und das Biotop für den Ästigen Stachelbart zerstört. Die zwei Fotogallerien zeigen die kümmerlichen Reste des Buchenwalds am Neugesäß:

 

 

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