Maßnahmenplan für das FFH-Gebiet “Hoher Keller”

Zweiter Grund für die Auflichtung: Entwicklung von Ebereschen-Bergahorn-Blockwäldern

Die geplante Maßnahme will am Wüstegarten nicht nur Zwergstrauch-Heiden “ausdehnen” und “entwickeln”, sondern auch “Ebereschen-Bergahorn-Blockwälder”. ((Maßnahmenplan, S. 28)) Sie sind der zweite Grund für die “Entnahme” der Fichten. Auch diese Begründung ist mangelhaft.

Es fällt auf, dass die Maßnahme keinen Biotop- und auch keinen Lebensraumtyp für diese “Blockwälder” angibt. Sonst steht bei jeder Maßnahme dabei, um welchen Typus es sich genau handelt. Das macht Sinn, denn alle Maßnahmen des Plans sollen entweder Biotoptypen oder Lebensraumtypen schützen.

“Ebereschen-Bergahorn-Blockwälder” sind aber weder ein Biotop- noch ein Lebensraumtyp. Das müssten sie aber sein, um schutzwürdig zu sein. Zwei Beispiele mögen das verdeutlichen:

  1. Hecken aus Kirschlorbeer sind in Gärten und Parks sehr weit verbreitet. Aber niemand käme auf die Idee, einen Biotoptyp “Kirschlorbeerhecken” zu schaffen und diese zu einem gesetzlich geschützten Biotop zu erklären. Und sollten sich einzelne Kirschlorbeersträucher in das FFH-Gebiet verirren, würde auch kein Maßnahmenplan fordern, sie “auszudehnen” oder zu “entwickeln”. Für Hecken aus Buchsbaum gilt übrigens das Gleiche.
  2. Im FFH-Gebiet Hoher Keller gibt es mehrere hundert ha Fichtenwälder. Aber sie zählen nicht zum Lebensraumtyp “Bodensaure Nadelwälder” (Lebensraumtyp 9410). Denn in Hessen kommen Fichtenwälder natürlicherweise nicht vor. Folglich sind sie auch nicht schutzwürdig und werden kurzerhand “entnommen”, “beseitigt” oder “aufgelichtet”.

Es gibt nicht weniger als 17 Lebensraumtypen für Wälder in Deutschland. ((siehe BfN: Lebensraumtypen)) Aber “Ebereschen-Bergahorn-Blockwälder” tauchen in der Liste nicht auf. Am ehesten passt noch der Lebensraumtyp 9140; das sind subalpine Bergahorn-Buchenwälder. Aber von Buchen ist in der Maßnahme nicht die Rede und von Ebereschen nicht in der Beschreibung des Lebensraumtyps. Auch der Lebensraumtyp 9180 will nicht passen; dabei handelt es sich um Schlucht- und Hangmischwälder. Zwar gibt es am Wüstegarten keine Schluchten, aber immerhin Hänge. Auf diesen Hängen wachsen aber keine “Ahorn-Linden-Hangschuttwälder” oder “Sommerlinden-Bergulmen-Blockschuttwälder”. ((siehe Definition des Lebensraumtyps)) Also kommt auch dieser Lebensraumtyp nicht in Frage.

Auch von den 14 Biotoptypen für Wälder ((siehe Hessisches Ministerium für
Landesentwicklung, Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz
Wiesbaden, Hessische Biotopkartierung – Kartieranleitung, Wiesbaden 1995, Anhang 1 Biotoptypenschlüssel und Biotoptypenbeschreibung)) passt kein einziger auf “Ebereschen-Bergahorn-Blockwälder”. Sie zählen weder zu den gesetzlich geschützten “Edellaubbaumwälder trockenwarmer Standorte” (Biotoptyp 01.161) noch zu den “Sonstigen Edellaubwäldern” (Biotoptyp 01.162). Zu diesen Biotoptypen gehören laut offizieller Beschreibung z. B. “Ahorn-Eschen-Block-und Schuttwälder”. Aber mit Esche ist hier die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) gemeint und nicht die Eberesche (Sorbus aucuparia). ((a.a.O., S. 61)) Selbst die ebenfalls gesetzlich geschützten “Block- und Schutthalden” (Biotoptyp 10.200) passen nicht: die Eberesche zählt bei diesem Biotoptyp zwar zu den charakteristischen Arten, aber nur als Strauch und nicht als Baum. Und Bergahorne kommen dort schon gar nicht vor. ((a. a. O., S.125))

verbissene Vogelbeere am Kellerwaldsteig in unmittelbarer Nähe des Kellerwaldturms

Wenn “Ebereschen-Bergahorn-Blockwälder” also weder ein Biotop- noch eine Lebensraumtyp sind, warum sollen sie geschützt werden? Das erklärt der Maßnahmenplan nicht. Er erklärt auch nicht, was “Ebereschen-Bergahorn-Blockwälder” überhaupt sind und wo sie im Hohen-Keller zu finden sind. Er gibt nur zwei vage Hinweise:

1.

Eine Blockhalde ist laut Wikipedia eine “große Ansammlungen von Steinblöcken mit Durchmessern fast ausschließlich über 20 cm an Hängen”. Und eine solche Blockhalde gibt es laut Maßnahmenplan bei der Mausefalle. Dort soll “die Entwicklung zu einem Ebereschen-Bergahorn-Blockwald gefördert” ((Maßnahmenplan, S. 19)) werden. Aber nicht etwa auf der Blockhalde, wie der Name “Blockwald” ja eigentlich nahelegt, sondern nur im “Randbereich” ! Denn: “Der offene, fast baumbewuchsfreie Standort ist zu erhalten.” ((ebd., Hervorhebung von mir)) Die “Förderung” geschieht auch hier durch Fällen von Fichten. Von einem Kahlschlag aber ist nichts zu lesen. Ausdrücklich heißt es: “Bei zu starker Beschattung können bei Bedarf einzelne Bäume (vor allem Fichte) entnommen werden.” ((ebd., Hervorhebung von mir))

2.

An einer anderen Stelle heißt es, dass nördlich des “Großen Moors” Eberesche und Bergahorn neu gepflanzt werden sollen für die “Entwicklung von Ebereschen-Bergahorn-Blockwäldern”. Die gibt es dort offensichtlich noch gar nicht. Der “Kernbereich” des “Großen Moors” selbst soll übrigens auch “offen gehalten werden” genauso wie die Blockhalden. Hier sollen nicht nur Fichten, sondern Birken und Erlen gleich mit gefällt werden. ((Maßnahmenplan, S. 21)) In einem Teilbereich des Moores dürfen “Erlen, Birken und Weiden” aber wachsen. Das entspricht der “natürlichen Entwicklung”. So “natürlich” ist die Entwicklung dann aber doch wieder nicht: die Forstbeamten müssen sie selbstverständlich “lenken”. Wo kämen wir sonst auch hin! “Fichten” dürfen wie immer “entnommen” werden. ((Maßnahmenplan, S. 24))

Wieder passen die zwei Informationsschilder am Kahlschlag nicht zum Maßnahmenplan. Sie erwähnen die “Ebereschen-Bergahorn-Blockwälder” überhaupt nicht. Es wird sogar in Frage gestellt, dass es dem “Ahorn” gelingt, auf dem Kahlschlag “Fuß zu fassen”. Und neu gepflanzt soll er auch nicht werden. Birken-Ebereschen-Blockwälder” ((Hervorhebung von mir)) würden die “natürliche Waldgrenze” anzeigen.

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