Kritische Analyse der Renaturierung

3. Verfichtung des Sauerlands

Der ABU beschreibt Fichtenforste als “einförmig”, “dunkel und artenarm” und “standortfremd“. Wenn aber dies die Rechtfertigung für den Kahlschlag und die anschließende Renaturierung von Auenwäldern sein soll, was ist dann mit den restlichen 304.313 ha Fichtenwäldern in NRW? Mehr als die Hälfte der Flächen in NRW, auf denen natürlicherweise Buchen wachsen würden, sind mit Fichten bepflanzt. Im Sauerland macht die Fichte sogar 60% der Waldflächen aus, die Buche nur 15%.

Fichten
abgestorbener Fichtenforst am Hellerberg nördlich der Kleinen Schmalenau

Der ABU konzentriert sich ausschließlich auf die Renaturierung der Bachauen. Die Verfichtung der Wälder und der trostlose Zustand der herunterbewirtschafteten Buchenwälder werden nur im privaten Gespräch als Problem erkannt. In der Arbeit der ABU (Exkursionen, Beobachtungen, Betreuungsgebiete, Natur im Kreis Soest, Projekte Homepage) kommt der Arnsberger Wald nicht vor. Das rächt sich: Die renaturierten Auenwälder würden – selbst wenn sie so wachsen sollten wie am Reißbrett geplant – nur einen schmalen Streifen in einer Wüste aus Fichtenplantagen ausmachen. Das Ganze erinnert an die Sanierung eines heruntergekommenen Stadtviertels: Ein Straßenzug wird abgerissen und mit Luxuswohnungen wieder aufgebaut, während drumherum alles weiter verfällt.

Nach oben

4. Zweifel am Erfolg des Projekts

Man kann erfolgreich “Entwässerungsgräben verschließen”, “Altverläufe und Flutrinnen reaktivieren”, “Nebenrinnen herstellen”, “Mündungsverschleppungen wiederherstellen”, “Fichten in Kleinkahlschlägen entfernen”, “Wasserhindernisse beseitigen” und “Ufer entfesseln” (alle Zitate aus dem Bachtäler-Referat von Birgit Beckers). Das ist technisch machbar. Daran zweifele ich nicht.

Meine Skepsis richtet sich auf die “Etablierung von Erlen-Auenwäldern auf 60 ha”. Schon die angepeilte Erlen-Naturverjüngung auf 60% der Fläche ist nicht planbar und beruht auf dem Prinzip Hoffnung. Auch der Erfolg des Pflanzens der Erlen auf 40% der Fläche ist fraglich:

  • Die alten Erlen am Ostpreußendamm und an der Forststraße sterben.
  • Die angepflanzten Erlen am Ostpreußendamm werden vom Wild verbissen und sind teilweise schon abgestorben.
  • Die in Schutzhüllen angepflanzten Erlen und die Erlenstecklinge an der Forststraße sind nicht angewachsen.
  • Die Auenböden wurden entgegen der Projektziele beim Fällen und Rücken der Bäume empfindlich geschädigt.
  • Große Teile der Auenböden sind unter Kronenabfällen begraben.
  • Der Arnsberger Wald ist ein Panoptikum kranker und sterbender Bäume. Es wäre ein Wunder, wenn die Erlen davon ausgenommen wären.

Kranke Fichten
Todkranke Fichten am Ostpreußendamm

Beim Life-Projekt “Lebendige Bäche in der Eifel”  wurde der Erfolg der Maßnahmen in einem Monitoringprogramm überprüft. Viele Formulierungen klingen sehr sehr vorsichtig (Hervorhebungen von F.-J. A.). Ich kommentiere, wo es mir nötig erscheint:

  • “Die Entwicklung der Sukzessionsflächen bzw. der initial bepflanzten Flächen kann erst in den nächsten 10 Jahren richtig eingeschätzt werden.”
  • “Eine Wiederholungsuntersuchung ist erst in 2014 außerhalb des Projekts geplant, da sich die Maßnahmen auf die Vogelwelt erst langfristig nachweisen lassen werden.”
  • “Die deutlichsten Verbesserungen zeigen die Bachforelle und die Koppe, wogegen die Verbesserungen bei Bachneunauge, Bachschmerle und Elritze nur vereinzelt und in geringem Umfang auftreten.”
  • “Im Hinblick auf Entfichtungsmaßnahmen und der Beseitigung von Gewässerverbau ergeben sich zumindest deutliche Hinweise auf eine ebenfalls positive Wirkung auf die Fischfauna. In diesen Bereichen ist zu erwarten, dass … ist davon auszugehen, dass …” Hinweise sind keine wissenschaftlichen Beweise. Genauso wenig Erwartungen.
  • “Im Perlenbach- und im Kyll-System waren keine Veränderungen nachweisbar.”
  • “Bei größeren Gewässern wie der Rur waren aber keine so deutlichen Zusammenhänge zwischen dieser Maßnahme und der Benthonbesiedlung herzustellen.”
  • “Insgesamt zeigt keine der Probestellen eine deutliche und anhaltende Verschlechterung der gemessenen Parameter im Laufe des Untersuchungszeitraumes, so dass ein negativer Einfluss der durchgeführten Renaturierungsmaßnahmen oder anderer Dinge auf die Gewässergüte ausgeschlossen werden kann.” Und wo ist der positive Einfluss?
  • “Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Belastung des Interstitials mit Feinsedimenten unnatürlich hoch ist und die Sauerstoffversorgung insgesamt zu gering ist.”
  • “Nachhaltige negative Auswirkungen, z.B. in Form von Stickstofffreisetzungen, wurden nicht nachgewiesen.” Na dann!

Nach oben