Faktencheck: Politiker

Von Wahlversprechen grüner Politiker

Mergner behauptet:

“Ob, und wenn ja, wo ein Nationalpark ausgewiesen wird, hängt immer weniger von fachlichen Kriterien ab. Es hängt vielmehr davon ab, ob grüne Politiker Wahlversprechen an ihre Wähler einlösen […] wollen.” ((Waldtrittsteine, S. 19))

Richtig ist:

Mergner hat ein eigenartiges Politikverständnis: Warum wirft er grünen Politikern vor, dass sie Wahlversprechen einlösen? Für gewöhnlich gilt dies als Ausweis von Integrität und Glaubwürdigkeit. Es gehört zu den Kennzeichen einer funktionierenden Demokratie, dass Politiker vor der Wahl ein Wahlprogramm bekannt geben, dann um Mehrheiten dafür kämpfen und nach der Wahl, wenn sie an die Regierung kommen können, ihr Programm oder zumindest Teile davon umsetzen. Genau dafür werden sie gewählt. Bei der Verfolgung ihrer Ziele dürfen Politiker auch gern “knallhart” kalkulieren. Wenn sie sich nämlich verkalkulieren, werden sie abgewählt.

Mergner bleibt merkwürdig vage und verrät dem Leser nicht, welchen “grünen Politiker” er eigentlich meint. Zielt er etwa auf den grünen Umweltminister von Baden-Württemberg Alexander Bonde, der den NLP Schwarzwald durchgesetzt hat?

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Alexander Bonde, Grüner Umweltminister in Baden-Württemberg

Schaut man sich das Wahlprogramm der Grünen von 2011 an, stellt man fest, dass der NLP Schwarzwald kein Wahlversprechen war. In dem 241 Seiten dicken Wahlprogramm wird er nur an zwei Stellen erwähnt:

“Insbesondere bei großflächigen Schutzgebieten (Biosphärengebiete, Nationalparks) besteht in Baden-Württemberg deutlicher Nachholbedarf. Entwicklungsmöglichkeiten sehen wir u.a. im Schwarzwald.” ((S. 65, Hervorhebung von mir))

“Auch Biosphärengebiete, Natur- und Nationalparks sind für den Erhalt der Natur wichtig. Wir fordern eine Debatte über die Einrichtung eines Nationalparks […]” ((S. 81, Hervorhebung von mir))

Man achte auf die vorsichtige Wortwahl: Die Grünen sehen “Entwicklungsmöglichkeiten” und fordern eine “Debatte”. Nennt Mergner das etwa ein “Wahlversprechen”, noch dazu eines das “Wahlen sichert”?

Vielleicht meint er aber auch die grüne Umweltministerin von Rheinland-Pfalz Ulrike Höfken, mitverantwortlich für den 2015 neu gegründeten NLP Hunsrück.

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Ulrike Höfken, Grüne Umweltministerin von Rheinland-Pfalz

Aber auch im Wahlprogramm der Grünen in Rheinland-Pfalz 2011 spielte der NLP nur eine Nebenrolle, auch hier wird er nur an zwei Stellen überhaupt erwähnt. Immerhin wird im Programm ausdrücklich nicht nur eine “Debatte”, sondern die Einrichtung als Ziel ausgegeben:

“Mit einer Biodiversitätsstrategie wollen wir die Natur und die Vielfalt der Arten besser schützen, den Flächenfraß wollen wir drastisch senken und auch einen Nationalpark ausweisen.” ((S. 35, Hervorhebung von mir))

“Pfälzer Wald, Soonwald oder Eifel: Hier bestehen gute Voraussetzungen für die Ausweisung als Nationalpark. […] Wir wollen prüfen, wo in Rheinland-Pfalz Nationalparke geschaffen werden können.” ((S. 39, Hervorhebung von mir))

Der NLP kam nicht dort, wo die Grünen es ihren Wählern vor der Wahl “versprochen” hatten: weder im Soonwald, noch in der Eifel, noch im Pfälzer Wald. So mancher Grüner in der Nähe dieser drei Wälder wird sich von seiner Partei mehr versprochen haben. Immerhin waren sie 2011 klarer Wahlsieger und erzielten mit 15,4 % ein sensationell gutes Ergebnis. ((siehe Landtagswahlen Rheinland-Pfalz)) So gesehen haben die Grünen ihr Wahlversprechen gerade nicht eingelöst. Es wurde auch nur ein NLP eingerichtet. Das zweite Zitat benutzt den Plural.

Ein Faktencheck stellt also fest: Sowohl in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz war ein NLP keine Hauptforderung der Grünen und ebenso sicher war er nicht wahlentscheidend. Wie Mergner zur Behauptung kommt, ein NLP sei ein “Abfallprodukt Wahlen sichernder Kalküle”, bleibt schleierhaft. Dass er überhaupt das Wort “Abfallprodukt” im Zusammenhang mit Nationalparken benutzt, ist eine ganz bewusste Grenzüberschreitung und ein Tritt unter die Gürtellinie.

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