Faktencheck: Jörg Müller

Einleitung

Im Heft 21 der Zeitung AFZ – Der Wald hat Ulrich Mergner, Leiter des Forstbetriebs Ebrach, 2015 einen Artikel veröffentlicht mit dem Titel „Waldtrittsteine statt Großschutzgebiete“. Viele darin gemachte Behauptungen halten einem Faktencheck nicht stand. Im sechsten Teil meiner Artikelserie weise ich nach, dass Mergner Jörg Müller falsch zitiert.

Der Artikel ist gegliedert in folgende Abschnitte:

Müllers Abrechnung mit der Forstwirtschaft im SPIEGEL

Mergner behauptet:

“Das kampagnenmäßige Vorantreiben großflächiger Stilllegungsflächen birgt dagegen die Gefahr der Intensivierung der Waldbewirtschaftung, wie sie von Jörg Müller in einem Artikel des Magazins Der Spiegel skizziert wird.” ((Waldtrittsteine, S. 21))

Mergner hat Chuzpe! Er beruft sich ausgerechnet auf einem SPIEGEL-Artikel, bei dem eine der wichtigsten Gegnerinnen der Bayerischen Staatsforsten den Aufmacher bildet: Gesche Jürgens von Greenpeace. Sie ist Leiterin der Kampagne, im Spessart alte Buchenwälder großflächig stillzulegen. Natürlich würdigt sie Mergner mit keinem einzigen Wort. Ich vermute, im Steigerwald und Spessart werfen Förster mit Dartpfeilen nach diesem Foto:

Aus dem vier Seiten langen SPIEGEL-Artikel, der zahlreiche treffliche Argumente für große Flächenstilllegungen anführt, pickt Mergner sich nur eine klitzekleine Passage von Jörg Müller heraus. Dass er ausgerechnet ihn zu seinem Zeugen macht, hat etwas Surreales. Denn Müllers Arbeitsplatz ist die größte stillgelegte Waldfläche in Deutschland – er leitet die Forschungsabteilung des NLPs Bayerischer Wald. Schlimmer ist, dass Mergner die Position von Jörg Müller völlig sinnentstellt wiedergibt. Dieser sagt im SPIEGEL nämlich folgendes:

In einem Nutzwald kann der Artenschutz kaum funktionieren’, sagt auch der Forstökologe Jörg Müller vom Nationalpark Bayerischer Wald. ‘Das Konzept ist trotz aller Bemühungen weitgehend gescheitert.'” ((Manfred Dworschak, Ein Fest des Lebens, in: DER SPIEGEL 43/2014, S. 132, Hervorhebungen von mir))

Müller ist sonst ein sehr diplomatischer und höflicher Mensch. Seine Kritik an der Forstwirtschaft versteckt er in Aufsätzen, die in englischen Fachzeitschriften veröffentlicht werden. In Deutschland liest sie kein Mensch. Und wenn man sie doch liest, dann versteht man sie nicht. Denn zum Verständnis benötigt man ein abgeschlossenes Mathematik-Studium. Aber in diesem SPIEGEL-Artikel redet Müller Tacheles. Es ist eine kurze, schonungslose Abrechnung mit der Forstwirtschaft und mich würde es nicht wundern, wenn Müller deswegen erheblichen Ärger mit seinem Dienstherrn bekommen hätte:

“Es fehlen die Nischen für die zahlreichen Arten, die das Absonderliche und Hochspezielle brauchen: die einen das sonnenversengte Dürrholz, die anderen die dauerfeuchte Mulmpampe. ‘Unsere Wirtschaftswälder sind überall mittelalt, mitteldicht und mitteldunkel’, sagt Müller. Im ewigen Gleichmaß des Zwielichts sind die Totholzbewohner verloren.” ((ebd.))

Ich kenne keine radikalere Absage an die Idee des integrativen Naturschutzes, man könne auf gleicher Fläche schützen und nützen.

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