Experten gegen Kahlschläge

Uwe Wegener

Dr. Uwe Wegener war zum Zeitpunkt des Workshops noch der Projektleiter der Forschungsabteilung und stellvertretender Leiter des Nationalparks Harz, bevor er ein Jahr später in Ruhestand ging. Die Förster der Nationalparkverwaltung schicken eine Ikone der DDR-Naturschutzbewegung vor. ((siehe Dr. Uwe Wegener, Erinnerungen zu seiner Arbeit als Naturschutzwart im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb, und Mitbegründer des Nationalparks Hochharz erhält Verdienstkreuz, Volksstimme vom 4.1.2014)) Wegener stellt klar:

“Die Eingriffe in der Entwicklungszone dienen ausschließlich der Revitalisierung von natürlichen Fähigkeiten zur Selbstregulation.” ((S. 13, Hervorhebungen von mir))

Das sagen Nationalparkbürokraten immer. Georg Meister kritisiert dieses Denkmodell. Denn:

“Die Fähigkeit der Natur zur Selbstregulierung wird fast immer unterschätzt, da der wirtschaftlich denkende Mensch das Warten verlernt hat und daran gewöhnt ist, die Natur sofort zu beeinflussen, wenn sie die Rentabilität auch nur im geringsten zu gefährden scheint.” ((Georg Meister, Nationalpark Berchtesgaden – Begegnung mit dem Naturparadies am Königssee, München 1976, S. 80))

Horst Stern macht den Gegensatz zwischen Förstern wie Georg Meister und der Nationalparkverwaltung deutlich. Über Georg Meister schreibt er:

“Er vertraut den Regenerationskräften der Natur. Und er misstraut all jenen, die da sagen, diese weitgehend vom Menschen beeinflusste Natur könnte .. ohne immer neue manipulierende Eingriffe gar nicht mehr leben. Er sieht in solchen Äußerungen vor allem die Angst mancher Leute, personell überflüssig zu werden in der Natur, eines Tages widerlegt zu sein in Behauptungen, die schon heute nur dürftig das Standesinteresse verdecken. ((ebd., S. 9 f.))

Dagegen behaupten die Nationalbeamten, dass es ohne manipulierende Eingriffe in den “monotonen Fichtenbeständen” nicht geht. Wegener listet zwei auf:

  • “punktuelle Eingriffe in Borkenkäferlöcher” und “Sturmbahnen”
  • “gezielter Voranbau” mit “gut verteilten, aber relativ kleinen Initialflächen innerhalb der Fichtenforste”. ((S. 13))

“Punktuell”, “gezielt”, “relativ klein” – die Verwaltung gibt sich geradezu auffallend zurückhaltend und bescheiden. Der Wolf hat Kreide gefressen: Man wolle lediglich “Anstoß [geben] für eine langfristige, eigene Dynamik nach dem Prinzip der Eingriffsminimierung.” Der Bestandesumbau wird angeblich “einem natürlichen – wenn auch anthropogen überprägtem – Prozess überlassen”, der die Naturferne der Bestände in längeren Zeiträumen überwindet.” Die Verwaltung zeigt sich scheinbar einsichtig: “natürliche Dynamik benötigt Zeit und Raum – eine Naturwaldentwicklung kann kaum beschleunigt werden.” ((ebd.))

Beschleunigte Naturwaldentwicklung nordwestlich von Plessenburg ((Kahlschlag B, siehe Karte))

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