Plusminus berichtet über Kahlschläge

Kritische Analyse des Kommentars

Ich hatte bislang mit gut einem Dutzend Journalisten zu tun. Alle haben mir freimütig erzählt, dass sie viel zu wenig über Wälder und Forstwirtschaft wüssten, um sich ein eigenständiges Urteil zu bilden. Anfang Februar z. B. rief mich eine ratlose Redakteurin des SWR an und bat mich um eine Stellungnahme zu den aktuellen Kahlschlägen in Eifeler Privatwäldern (siehe den Artikel in der Rhein-Zeitung vom 28.12014 “Kahlschlag im großen Stil: Wald in der Eifel wird ausverkauft“). Die Redaktion wusste einfach nicht, mit welchen Argumenten sie die Kahlschläge kritisieren sollte. Das ist ihr auch gar nicht vorzuwerfen: Forstwirtschaft wird in der Schule nicht unterrichtet. Und zu Buche und Fichte gibt es jeweils eine Seite im Biologiebuch der Mittelstufe. Selbst im Biologie-Leistungskurs kommt das Thema “Ökologie der mitteleuropäischen Buchenwälder” nicht vor.

Insofern kann man Peter Stollenwerk nicht zum Vorwurf machen, dass er entgegen der Überschrift “Expertenrat” eben kein Experte ist. Was ich ihm zum Vorwurf mache, ist, dass er die Eifeler Nachrichten zu einem Zentralorgan des Nationalparkforstamts macht und seit Jahren nichts anderes als deren Pressemitteilungen veröffentlicht. Man schaue sich einmal die Berichte der Lokalredaktion zum LIFE+Projekt “Wald-Wasser-Wildnis” an:

(Zum Verständnis: Die Eifeler Nachrichten stellen die Lokalnachrichten für die Aachener Zeitung und erscheinen in ihrem Mantel.)

Die unkritische Nähe zur Nationalparkverwaltung führt dann zwangsläufig zu solchen zynischen Kommentaren: Um die kahlgeschlagenen “Allerwelts-Fichtenwälder” muss man nicht trauern. Sie sind “keine ökologische Sensation”. Ich bin mir sicher, dass die Förster des Nationalparks am Stammtisch nach 2-3 Pils genau so über Fichtenwälder sprechen. Und dass Stollenwerk das einfach nachbetet. Da wirken sich dann Großkahlschläge “wohltuend” und “positiv” auf die Eifeler Landschaft aus. Na prima! Was regt sich der SWR und die Rhein-Zeitung dann also über die Kahlschläge in Eifeler Privatwäldern so auf? Die Eifel wird dadurch “luftiger” und “einladender”. Und schon bald wird dort als “ökologische Sensation” der Rote Fingerhut wachsen.

Kahlschlag am Bergerbach im NP Eifel

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