Naturzerstörung durch den Neubau der Jennerbahn

3. Die Vorgeschichte des Neubaus der Jennerbahn

Es ist das Jahr 2005. Da brauen sich am Himmel über Schönau dunkle Wolken zusammen: Auf der Jahreshauptversammlung der Berchtesgadener Bergbahn AG (BBAG) “bekräftigt” Ulrich Kühnl, Vorsitzender des Aufsichtsrats und Vertreter der Lechwerke AG, die Absicht der Lechwerke, ihre Aktien verkaufen wollen. Die Lechwerke sind Hauptaktionär der BBAG. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 21. März 2005 Umbruch bei der Jennerbahn)) Zuvor schon gab es offenbar Überlegungen der Lechwerke, “den Winterbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen einzustellen.” ((Berchtesgadener Anzeiger vom 27. Juni 2015 Sorgen um die Jennerbahn)) Der Sommerbetrieb ist rentabel, aber der Winterbetrieb schreibt “rote Zahlen”. ((ebd.)) Überhaupt sind die Gewinne äußerst gering: Im Geschäftsjahr 2003/2004 ((1.11.2003 bis 31.10.2004)) betrugen sie ganze 11.514 €. Da es aber aus dem Vorjahr einen Verlustvortrag von 86.821 € gab, beträgt der Verlust nun 75.401 €. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 21. März 2005 Umbruch bei der Jennerbahn)) Die BBAG ist ein “marodes Unternehmen”. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 27. Juni 2015 Sorgen um die Jennerbahn))

Schönaus Bürgermeister Stefan Kurz ist alarmiert: Es besteht “die Gefahr, dass ein Privater das Unternehmen kauft, den Winterbetrieb einstellt und die Bahn herunterwirtschaftet”. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 6. Juni 2005 Noch keine Lösung für die Jennerbahn in Sicht)) Die Wirtschaft von Schönau beruht zu 100 % auf dem Tourismus: 5.544 Einwohner haben “8.000 Gästebetten in 20 Hotels, 16 Gästehäusern, 118 Pensionen und 578 Privatquartieren.” Deshalb sieht Bürgermeister Kurz keine Alternative (TINA-Prinzip): Im Sommer 2006 kauft die Gemeinde Schönau selbst das Aktienpaket der Lechwerke. ((Bündnis 90 / Die Grünen Berchtesgadener Land am 28. November 2006 Chance oder Risiko am Jenner)) Sie besitzt nun 81 % der Aktien. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 9. Juli 2016 Neuer Vorstand bei Berchtesgadener Bergbahn AG)) Kurz wird Vorstandsvorsitzender. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 27. Juni 2015 Sorgen um die Jennerbahn))

Am 1. Mai 2014 wird Hannes Rasp neuer Bürgermeister von Schönau und auch neuer Vorstandsvorsitzender der BBAG. Als Geschäftsleiter von Schönau war er 2005 bereits am Kauf der Aktien beteiligt. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 28. März 2017 Jennerbahn-Projekt startet mit 12 Spatenstichen)) Jetzt verkauft er schrittweise die Aktien und reduziert das Aktienpaket der Gemeinde von 81 auf 17 %. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 9. Juli 2016 Neuer Vorstand bei Berchtesgadener Bergbahn AG)) Rasp verkauft an drei österreichische Großaktionäre:

Laut dem ORF in Salzburg gehören den drei Millionären nicht nur 55, sondern 61 % der BBAG. ((ORF-Salzburg vom 3. Januar 2017 Jennerbahn: Projekt mit Salzburger Beteiligung)) Beim ORF erfährt man auch, dass nicht der Schönauer Bürgermeister und Vorstandsvorsitzende Hannes Rasp die treibende Kraft beim Neubau der Jennerbahn ist, wie man vielleicht glauben könnte, wenn man nur den Berchtesgadener Anzeiger liest ((Berchtesgadener Anzeiger vom 23. Mai 2015 Für 32 Millionen Euro bergauf und Berchtesgadener Anzeiger vom 29. Juni 2015 “Wir wollen für einen Wow-Effekt sorgen”)) Auch Rita Poser, Kreisvorsitzende des BN, ist bei Hannes Rasp an der falschen Adresse, wenn sie im Oktober 2016 vermeintliche Kompromisse schließt. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 17. Oktober 2016 Kompromiss “mit etwas Bauchweh”)) Der “Motor” für den Abriss der alten und den Bau der neuen Jennerbahn ist Peter Hettegger:

“Ohne meine Pongauer Kollegen Martin Harlander und Georg Hinterleitner und unsere Familie wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen.” ((ORF-Salzburg vom 3.  Januar 2017 Jennerbahn: Projekt mit Salzburger Beteiligung))

Seit 2013 gehört der Familie Hettegger in Berchtesgaden das 4-Sterne Luxushotel Edelweiss. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 26. April 2013 Familie Hettegger will zurück zur Gemütlichkeit)) Schon seit 1979 ist die Familie in Großarl in Österreich Eigentümerin eines 4-Sterne-Luxushotel ebenfalls mit dem Namen Edelweiss. Großarl ist nur 70 km entfernt von Berchtesgaden. Aber Peter Hettegger ist nicht nur ein sehr erfolgreicher Hotelier, sondern auch Geschäftsführer der Großarler Bergbahnen. Er hatte sich mit der BBAG “intensiv auseinandergesetzt und das enorme Potential des Gebietes am Jenner erkannt.” ((Internationale Seilbahn-Rundschau, Deutscher Markt im Visier)) Und er war es auch, der Harlander und Hinterleitner “mit ins Boot” ((ebd.)) holte. Man kennt sich aus Pongau.

Der Berchtesgadener Anzeiger hat Unrecht: Nicht “Bürgermeister und BBAG-Vorstandsvorsitzender Hannes Rasp hat sich viel vorgenommen: den Neubau der Jennerbahn”. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 29. Juni 2015 “Wir wollen für einen Wow-Effekt sorgen”)) Viel vorgenommen haben sich die “drei Hauptaktionäre” aus Pongau. Sie sind es, die sich “auf ein umfassendes Investitionsprogramm von 35 Mio. Euro” einigen. ((Internationale Seilbahn-Rundschau, Deutscher Markt im Visier)) Es wird am Ende auf 47 Mio. anschwellen. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 4. Januar 2017 10,5 Millionen Euro: Warmer Geldsegen aus München für Jennerbahn-Neubau))

Wenn Christian Lindner der Posterboy der FDP ist, so war Hannes Rasp der Posterboy der BBAG. Am 21. Mai 2015 stellt er in der Bürgerversammlung der Gemeinde Schönau den Neubau der Jennerbahn ausführlich vor. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 23. Mai 2015 Für 32 Millionen Euro bergauf)) Er tut dies auch am 26. Juni 2015 bei der Aktionärshauptversammlung der Berchtesgadener Bergbahn AG. ((Berchtesgadener Anzeiger vom 29. Juni 2015 “Wir wollen für einen Wow-Effekt sorgen”)) Mit der konkreten Planung hatte der gelernte Dipl. Verwaltungswirt (FH) aber nichts zu tun. Das war die Aufgabe von Dipl. Ing. Stephan Salzmann, dem Geschäftsführer des österreichischen Planungsbüros Salzmann Ingenieure. In einem Interview erklärt er, was eines der Hauptprobleme ist:

“Das Skigebiet Jenner [..] verfügt zum Großteil über steile und anspruchsvolle Pisten, die derzeit nur für den erfahrenen Wintersportler geeignet sind. Für den schwächeren Skifahrer und für Kinder ist das Pistenangebot noch zu gering.” ((Internationale Seilbahn-Rundschau, Deutscher Markt im Visier))

Für eine Familie mit Kindern eignet sich der Jenner also nicht. Hinzu kommen lange Wartezeiten an den veralteten Seilbahnanlagen, die zu langsam sind.

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