Riesenkahlschlag am Rindelloch

“Entweder bekennen wir uns zu einer fast religiösen Verehrung der unverfälschten Natur, des urwüchsigen Landes, oder wir akzeptieren eine solche nicht.”
Ansel Adams  ((Brief an Dr. Henry J. Vaux, 7. Oktober 1960, zit. n. Nationalpark 1/2001, S. 12))

Das verödete Tal des Rindelbachs

Der Goldsteig überquert den Rindelbach auf einer Brücke. Westlich der Brücke beginnt eine breite Rückegasse, die parallel zum Bach langsam bergan führt. Je weiter man der Gasse nach Norden folgt, desto erschütternder wird der Anblick des geschändeten Waldes.

Auf dem ersten Foto sieht man in der Mitte des gegenüberliegenden Hangs eines der zahlreichen kleinen Bachtäler. Kein einziger Baum wächst mehr an dessen Ufern. Gespannt darf man darauf warten, dass die zuständige Nationalparkdienststelle Bayerisch Eisenstein hier künstlich junge Erlen anpflanzt. Vielleicht beantragt Leiter Karl-Heinz Englmaier schon bald EU-Fördergelder für ein LIFE+-Projekt, um den Kahlschlag zu renaturieren. ((siehe Kahlschläge am Wüstebach))

Der gegenüberliegende Hang ist ein Meer aus grauen Baumstümpfen. Frank Steffens, der damalige Leiter der Nationalparkdienststelle Bayerisch Eisenstein, hat mit “großem Zeiteinsatz” ((“Eisensteiner” Förster in die Oberpfalz verabschiedet, Pressemitteilung vom 18.3.2010)) jede einzelne Altfichte fällen, abtransportieren und verkaufen lassen: Keine einzige entging der Kettensäge. Für diese treue und gewissenhafte Pflichterfüllung im Dienst der Bayerischen Staatsforsten findet sein Chef Sinner “lobende Worte”. ((ebd.))

Zwischen den Baumstümpfen breiten sich Grassteppen aus: Berg-Reitgras, Draht- und Rasenschmiele. Nur vereinzelt durften ein paar spindeldürre tote Fichten als Alibi-Totholz stehenbleiben. Es fehlt das Totholz für die Rannenverjüngung. Ein “kastriertes Ökosystem”, denn: “Wenn man einen Wald in seiner natürlichen Erscheinung schützen will, muss man die toten Bäume dort belassen.” ((Hans Bibelriether, Warum wächst der Wald auch ohne Förster, Nationalpark 3/1995, S. 58)) Ohne stehende und liegende tote Bäume “ist ein natürlicher Lebenszyklus von Wäldern nicht möglich”. ((Hans Bibelriether, Windwürfe und Borkenkäfer im Nationalpark Bayerischer Wald, Nationalpark 4/1988, S. 24))

Das folgende Foto zeigt gegenüber das Tal des Baches Rindelseige. Die Forstpartie wird sicherlich abstreiten, dass es sich hier überhaupt um einen Kahlschlag handelt. Schließlich stehen ja einige Buchen verloren in der Gegend herum: Als Schattenbäume vertragen sie die pralle Sonne nicht und kränkeln vor sich hin.

Ganz oben links im Hintergrund sind die belassenen Windwürfe der “Fläche F1: Lackenberg” ((Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald, Waldentwicklung im Nationalpark Bayerischer Wald in den Jahren 2006 – 2011 – von Marco Heurich, Franz Baierl und Thorsten Zeppenfeld”, Grafenau 2012, Abb. 5, S. 15)) zu sehen. Dem Betrachter direkt gegenüber steht eine Gruppe von abgestorbenen Fichten, die die Kettensägen verschont haben. Ansonsten ist der ganze Hang fein säuberlich entfichtet worden. Wahrscheinlich fühlt sich das Auerhuhn in dieser abwechslungsreichen Landschaft richtig wohl.

Wenn man das Tal 2009 mit Napalm bombardiert hätte, sähe es nicht viel schlimmer aus. Eine große kahle Fläche mit extremem Freilandklima: im Sommer der Sonne, im Herbst den Stürmen und im Winter dem Frost ausgesetzt.

Die Fichtenstämme, die als Totholz liegen bleiben, kann man auf dem nächsten Foto an den Fingern einer Hand abzählen. Das ganze Holz wird zu Geld gemacht und wandert in die Kassen der Nationalparkverwaltung: allein 2010 9 Millionen Euro. ((Pressemitteilung vom 10.12.2010))

Im Vordergrund des nächsten Fotos liegen ein paar wenige entrindete Fichtenstämme, die man zwischen den Buchen belassen hat. Darauf kann man dann stolz in den Hochglanzbroschüren verweisen: “Handentrindung trägt dazu bei, möglichst viel Biomasse im Wald zu belassen.” ((Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald (Hg.), Nationalparkplan Anlageband – Walderhaltungs- und Waldpflegemaßnahmen, Grafenau 2010, S. 10))

Beim nächsten Foto sehen Sie vorne im Bild die “nennenswerte Naturverjüngung”, über die die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf sich so freut. ((Christina Hackl, Umweltministerin im Dauereinsatz, Bayerwaldbote vom 15.10.2014)) Nationalparkförster Heurich, stellvertretender Leiter des Sachgebiets III “Naturschutz und Forschung”, kommt auf exakt 2.103 Jungfichten pro geräumtem ha. Vielleicht sieht man diese auf den Fotos nicht, weil sie “noch sehr klein sind”. ((Marco Heurich, Hochlageninventur im Falkenstein-Rachel-Gebiet, in: Unser Wilder Wald Nr. 32, Grafenau 2013, S. 4))

Im nächsten Bild werfen Sie laut Ministerin “einen Blick auf die Geburtsstunde eines Urwaldes”: ((Umweltministerin im Dauereinsatz))

Nach oben
Zurück zur Einleitung
Nächste Seite: Die leergeräumte Anhöhe am Bampferfleck