Das Fichtensterben am Lusen

Maxi und Anni Wandtner über das Fichtensterben

Das Beispiel von Maxi und  Anni Wandtner aus St.-Oswald-Riedlhütte zeigt, dass nicht alle Einheimischen den Kopf verloren haben. Frau Wandtner ist pensionierte Grundschullehrerin und Buchautorin. Im September 1997 druckt der Grafenauer Anzeiger ein Gedicht von Anni Wandtner ab. Auszüge aus dem Gedicht dokumentiert das Hans-Eisenmann-Haus:

Anni Wandtner: Dem Lusen ins Gipfelbuch geschrieben

Es rieseln die rostbraunen Nadeln
Und er war doch eins grün und schön
In den morschen Eingeweiden
Nagt gefräßig der Totenwurm
Da liegen gestürzte Riesen
Samt Wurzelwerk. Gerissen vom Sturm.
Ich sitze da und sinne.
Denk an den Wald meiner Jugend zurück.
Es ist der Wald unserer Heimat.
Nach vorne geht mein Blick.
Bald wird er gänzlich fallen.
Zerbrochen vom Frost. Geworfen von Winden.
Denk an die Kinder, die kommen.
Dich unseren Wald nicht mehr finden.
Den Wald zu Deinen Füßen.
Den hab ich sterben gesehen.

Das Hans-Eisenmann-Haus zeigt ein sehenswertes Video mit Anni Wandtner und ihrer Enkelin Maxi Wandtner, die zur Zeit des Videos Lehramtsstudentin ist. ((Maxi Wandtner ist tragischerweise am 11.7.2011 mit nur 25 Jahren verstorben.)) Darin erzählen sie, wie sie das Fichtensterben erlebt haben:

Maxi:
Das Interessante ist ja, dass meine eigenen Eltern schon eher pro Nationalpark sind, und das ist eben bei uns in der Familie so aufgeteilt. Ich habe das schon immer mitgekriegt, dass die Oma anderer Meinung ist als jetzt meine Eltern. Ich war da aber mehr geprägt von meinen Eltern.

Anni:
Man hat früher immer versucht, den Wald zu beschützen und hat sofort alle Schäden, die die großen Stürme angerichtet haben, aufgearbeitet. Und man hat immer danach getrachtet, den Käfer in seiner Entstehung zu bekämpfen, damit der gesunde Wald gerettet wird. Und als man dann ab 1983 die Windwürfe nicht mehr aufarbeitete und das Totholz liegen ließ, ging es ganz rapid. Das Waldsterben, das ist mir ans Herz und an die Nieren gegangen. Das, das habe ich ihm nie verziehen, dem Nationalpark.

Maxi:
Ja, man muss durch die Phase eben einfach durch. Und danach wird’s dann besser, dann ist er ein normaler Wald, ein stabilisierter Wald, der mit so etwas besser fertig wird, und das ist eine Notwendigkeit. So eine Art von Läuterung.

Anni:
Ich hab mir gedacht: Wie kann man nur so blauäugig sein? Ein neuer Wald entsteht aus Windwürfen und aus den jahrhundertealten Urwaldriesen am Rachelsee. Das kann doch gar nicht sein! Ich hab’ dann auch viel mit befreundeten Fachleuten diskutiert, hab’ viel gelesen darüber. Und ich hab’ von vielen gehört, wie sich der Wald wirklich erneuert. Und ich bin auch ein Stück einmal mit meinem Schwiegersohn hinaufgefahren und hab’ das gesehen, wie eben neue Fichtensämlinge und neue Bäumchen aus dem Totholz herauswachsen. Dieser Wald, der sich nicht geschlagen gibt, hat mich überzeugt. Das hab ich’ ihr noch gar nicht gesagt.

Maxi:
Ja, ehrlich gesagt, dass der Stimmungswandel so komplett ist, war mir eigentlich wirklich gar nicht klar. Es war schon so, also: Das hat man schon gemerkt, dass, wenn mal jetzt wirklich mal unterwegs ist irgendwo und dann einen konkreten Erfolg zeigen kann. Also wirklich etwas, wo man was erkennt, dass es Wirkung hat. Aber, dass da ein richtiger Stimmungswandel ist? Also, dass die Skepsis abgenommen hat, hab’ ich gemerkt.

Anni:
Weil: Ich hab’ nämlich immer sehr dagegen gesprochen und ich hab’ mich sehr skeptisch gezeigt, auch diesen Forstleuten gegenüber. Aber ich hab’ mich viel damit beschäftigt, viel gelesen und mich geistig auf dieses Thema eingelassen. Und dann hab’ ich gesehen: Ja, es kann ja doch stimmen! Du musst alte Vorurteile loslassen und musst umdenken lernen. Und das kannst Du auch noch.

Ein Helmut Brunner, ein Michael Adam oder ein Hubert Demmelbauer können genau das nicht.

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