Kritische Analyse des Audit-Berichts


Die Seite ist gegliedert in folgende Abschnitte:

Einleitung

Am 13. Juni 2013 fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein außerplanmäßiges Audit bei Grün-und-Gruga statt. Im Auftrag des FSC-Deutschland überprüfte der Auditor Henning Peter von der GFA dabei drei Beschwerden, die ich auf meiner Webseite veröffentlicht hatte:

  1. Hauruck-Forstwirtschaft in Essen-Kettwig
  2. Fällen alter Eichen und Buchen im NSG Hülsenhaine
  3. “Waldpflege” im Baldeney-Wald

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Bericht über das Audit

Den Bericht über das Audit finden Sie in der Datenbank des FSC. Die Datei trägt den kryptischen Namen: “RSP_EX_FM_GGE_Essen_06 2013_g.pdf” Sie können sich die Datei aber auch hier als PDF-Datei herunterladen: Audit-Report vom Juni 2013 über Grün-und-Gruga

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Zu wenig Zeit für das Audit

Auf S. 6 des Berichts erfahren wir den Zeitbedarf für das Audit. Für ein Feldaudit an den 3 verschiedenen Biotopen brauchte Herr Peter 0,7 Tage – also ca. 5,5 Stunden. Zieht man die Zeit für die Fahrten durch den Essener Stadtverkehr ab, so bleiben für jedes Biotop kaum mehr als 1-1,5 Stunden. Viel Zeit ist das nicht. Im Bericht finden sich konkrete Zahlen zur Größe der ersten beiden Biotope:

  • Scheidtscher Wald in Essen-Kettwig (Abt. 922 K): 10,8 ha
  • NSG Hülsenhaine (Abt. 837 B): 15,57 ha

Ich persönlich habe allein für die Dokumentation der Fällungs- und Rückeschäden in Essen-Kettwig mehrere Stunden benötigt.

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Zustimmung zum Fällen alter Eichen im NSG

Grün-und-Gruga leugnen nicht, dass sie aus einem 15,57 ha großen Bestand von 128 – 171 Jahre alten Buchen und Stieleichen “einzelne starke Eichen” “entnommen” zu haben. An anderer Stelle ist von “femelartigen Eingriffen” die Rede. Der Eingriff wird als “sehr schwach”, “sehr gering” bzw. “sehr zurückhaltend” bewertet. Das Volumen hat angeblich nur 20 Erntefestmeter/ha betragen, was ungefähr 10 Bäumen entspricht. Die GFA übernimmt die Begründung von Grün-und-Gruga. Zweck des Einschlags sei gewesen,

  1. “die Vitalität der Altbäume zu erhalten” und
  2. “die natürliche Verjüngung der Buche und Stieleiche zu stimulieren” (Auditbericht, S. 5, 7 und 10).

zu 1.
Es ist ein Stück aus dem Tollhaus, dass man ernsthaft glaubt, die “Vitalität” alter Buchen und Eichen dadurch zu erhalten, dass man ihre Nachbarn fällt.

Haine_01“sehr schwacher Eingriff” (GFA)

zu 2.
Wieso muss eine Naturverjüngung “stimuliert” werden, wenn doch gilt: “Eine punktuelle Schädigung der Naturverjüngung war nicht zu verhindern, gefährdet jedoch die Qualität der zukünftigen Waldbestände nicht, da qualitativ hochwertige Verjüngung in ausreichender Anzahl und Dichte vorhanden ist.” (Auditbericht, S. 9)

Herr Peter erwähnt zwar meine Strafanzeige (s. Auditbericht, S. 4), kennt aber offensichtlich nicht deren Wortlaut. Sonst wüsste er, dass ich mich zu dem Argument der “Verjüngung”, das Grün-und-Gruga gebetsmühlenartig als Begründung für Baumfällungen wiederholt, bereits in der Strafanzeige geäußert habe:

“Auch die „Berücksichtigung einer erforderlichen Verjüngungsdynamik“ kann nicht als Argument für den Hieb herhalten, denn erstens muss ein Bestand von 100 Jahre alten Eichen und Buchen nicht verjüngt werden – Eichen werden bis zu 800 Jahren und Buchen bis zu 400 Jahren alt. Und zweitens erfolgt die natürliche Verjüngung im NSG Hülsenhaine zurzeit vorwiegend durch den Bergahorn und nicht durch Eiche und Buche. Durch den Einschlag wird also der Bergahorn gefördert – auch dies steht im Widerspruch zu dem Schutzziel, den alten Eichen- und Buchenwald zu erhalten und zu fördern.”

Wie Herr Peter durch ein gut einstündiges Feldaudit überprüfen kann, dass tatsächlich nur 20 Efm/ha eingeschlagen wurden, entzieht sich meiner Kenntnis. Das Holz wurde längst abtransportiert und die Baumstümpfe hat er sicherlich nicht in der Kürze der Zeit gezählt.

Die GFA macht sich zum Komplizen von Grün-und-Gruga: Zusammen behaupten sie, das Schutzziel, nämlich alte Bäume zu erhalten und zu fördern, zu erreichen, indem man eben diese alten Bäume fällt. Das ist Orwellsches Doppeldenk, laut Wikipedia die Fähigkeit, “zwei einander widersprechende Denkweisen gleichzeitig als wahr zu akzeptieren”.

Selbst wenn “nur” 20 Efm/ha der Kettensäge zum Opfer fielen, so sind das bei einer Fläche von 15,57 ha  338 Efm – also fast 170 Bäume! Grün-und-Gruga und die GFA verhalten sich wie ein Ehemann, der seine Frau grün und blau geprügelt hat, und beim Verhör durch die Polizei antwortet: “Ja, ich habe meine Frau verprügelt. Aber nur ein bisschen! Und es war zu ihrem eigenen Besten!”

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Übersehen von Bodengleisen in Rückegassen

Die GFA betreibt Werbung für den Forstmaschinenhersteller HSM. “In den .. Beständen wurde modernste Rücktechnik eingesetzt.  … HSM Rückeschlepper mit 88 cm breiten Reifen (bodenschonend)”. Die eingesetzten Rückemaschinen spiegeln “den gegenwärtig höchsten Stand der Technik” wieder und stellen sicher, “dass die umweltschonendsten Verfahren angewandt wurden”. (Auditbericht S. 9 f.)

HSM_904HSM 904 Forstspezialschlepper

Der abgebildete HSM 904 Forstspezialschlepper wiegt 10,3 Tonnen. Mit Kurzchassis zum Abtransport von Baumstämmen wiegt er laut Werbeprospekt über 16 Tonnen. Wie kann man behaupten, diese Monster könnten “bodenschonend” sein?

Bodengleise_02“modernste Rücktechnik … 88 cm breite Reifen (bodenschonend)” (GFA)

An einer Rückegasse wurde es aber selbst Herrn Peter zu bunt: Denn dort stand “Regenwasser in Pfützen in den Gleisen” (Auditbericht, S. 11)!

Verwuestung_06Biotop für Bergmolche und Erdkröten

Wie gut, dass Grün-und-Gruga auch hierfür eine passende Erklärung hatte: Bergmolche und Erdkröten freuten sich über ihr neues Feuchtbiotop! Es ist alles ganz wunderbar!

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Fehlende Biotopbaumkarte

Ich habe die mit “Reißhaken” eingeritzten “H”s an Habitatbäumen (Auditbericht, S. 11) noch nicht entdeckt. Nun – vielleicht muss ich genauer hinschauen! Sonderbar ist aber, dass im Bericht nur für die Abteilung 837 B eine Biotopbaumkarte erwähnt wird. Überprüft werden kann dies ohnehin nicht, weil sämtliche Anhänge des Berichts (s. Auditbericht S. 19)  im Internet nicht verfügbar sind. Eine Karte für die Biotopbäume des Kettwiger Walds (Abteilung 922 K) war nicht Gegenstand des Audits.

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Ignorieren von Fällungs- und Rückeschäden

Ich habe für meine Webseite über den Kettwiger Wald (Abteilung 922 K) nicht weniger als 65 Fällungs- und Rückeschäden mit GPS kartiert und mit 15 hochauflösenden Fotos dokumentiert. Trotzdem behauptet Herr Peter: “Die evaluierten Waldpflegemaßnahmen haben keine nicht-akzeptablen Schäden am .. Bestand verursacht.” Da bleibt einem die Spucke weg!

Schaeden_006
“keine nicht-aktzeptable Schäden am Bestand” (GFA)

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Absegnen des “Dauerwald”-Konzepts

Die GFA segnet das dubiose “Erholungsdauerwald”-Konzept von Prof. Dubbel ab (Auditbericht, S. 10). Wortwörtllich übernimmt man Formulierungen aus dem Forstbetriebsplan, dem Wirtschaftsplan 2014 und dem Leitbild Erholungsdauerwald. Eigentlich hätte man Prof. Dubbel den Bericht gleich selbst schreiben lassen können.

Dass die “femelartigen Hiebe” in einem schutzwürdigen 115 – 135 Jahre alten Buchenwald (s. Auditbericht S. 5) stattfinden und diesen zerstören, spielt keine Rolle.

Verwuestung_09Löcher im Kronendach schaffen” (GFA)

Hauptsache, die Löcher im Kronendach sind nicht größer als 0,3 ha. Dann ist im Prinzip alles erlaubt.

Verwuestung_07Förderung der Naturverjüngung durch Grün-und-Gruga

Die künstliche Förderung von Bäumen (z. B. Bergahorn und Esche), die nicht der Potenziellen Natürlichen Vegetation entsprechen, wird widerspruchslos akzeptiert.

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Mangelhafte Kommunikation mit Stakeholdern

Der Auditor Herr Peter hat mit mir nicht gesprochen – weder persönlich noch am Telefon. Eine “Stakeholder-Befragung” fand nicht statt. Vielleicht ist ihm dies von Grün-und-Gruga verboten worden. Nicht nur mir, sondern auch anderen Stakeholdern wurde die Teilnahme am Audit untersagt. Es lagen zahlreiche Anfragen vor – u. a. eine von einem Mitglied des Beirats der Unteren Landschaftsbehörde.

Ich möchte auch den Email-Verkehr zwischen Herrn Bösken und mir nicht “Kommunikation” nennen. Es handelt sich ausschließlich um den am Ende gescheiterten Versuch einer Terminabsprache. Jegliche inhaltliche Diskussion über Sinn und Zweck der “Waldpflegemaßnahmen” wurde von Herrn Bösken verweigert.

Grün-und-Gruga leugnet konsequent gegenüber Außenstehenden (WAZ, Umweltausschuss, GFA), dass sich Bürger beschweren. Dabei reicht ein Blick auf die Leserbriefseite der WAZ vom 4. Juni 2013, dass “zahlreiche Leser” sich über Grün-und-Gruga aufregen.  Die 7 abgedruckten Leserbriefe finden sich unter der Überschrift “Natur wird rigoros missachtet”.

Die vielgelobten “Ortstermine” (Auditbericht, S. 9) von Grün-und-Gruga finden zu den unmöglichsten Zeiten statt: Beispiel ist der nächste Ortstermin in Essen-Kettwig am Dienstag, den 10. September 2013, um 14.00 Uhr. Dort sollen Förster und – dochdoch – Prof. Dubbel über die nächste “Waldpflegemaßnahme” in Essen Kettwig informieren, bei der laut Wirtschaftsplan 2014 sage-und-schreibe 1.800 Fm Holz gefällt werden sollen. Welcher Berufstätige soll denn an dieser “Chance zum Dialog” (Christoph Kerscht, Vorsitzender des Umweltausschusses, Bündnis90/Die Grünen) teilnehmen? Zumal das Ergebnis sowieso von vornherein feststeht.

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Schluss

Der Auditbericht wurde bereits einen Tag nach dem Audit verfasst und veröffentlicht. Das ist rekordverdächtig schnell. Herr Kuske von der GFA hatte vorher am Telefon noch von einem Bearbeitungszeitraum von 4 Wochen gesprochen. Ich vermute als Grund, dass der Bericht unbedingt noch vor der Sitzung des Umweltausschusses der Stadt Essen am 2. Juli 2013 fertig sein musste. Bei der Sitzung wurde der Wirtschaftsplan 2014 verabschiedet. Grün-und-Gruga hat den Bericht bereits am 26. Juni 2013 in der WAZ propagandistisch ausgeschlachtet: Lehrer schießt mit Anzeige gegen Grünverwaltung in Essen übers Ziel hinaus. Zitat: “Ein außerordentliches Audit nach einer Beschwerde von Grün+Gruga-Kritiker Adrian ergab jüngst: alles in Ordnung.”

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