Kritik am Schirmschlag im Harrl


Die Seite ist gegliedert in folgende Abschnitte:

Forstamt und Schirmschlag

Zuständig für den Harrl ist Förster Alfred Matthaei vom Fürstlichen Forstamt in Bückeburg. Besitzer ist Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe, dem insgesamt 3.711 ha Wald gehören. Wäre der Volksentscheid zur Fürstenenteignung in der Weimarer Republik nicht gescheitert, würde der Wald heute den Bürgern von Bückeburg gehören.

Matthaei erklärte mir in einem Telefonat am 18. Juni 2013, dass er am Südhang des Harrls Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts die “natürliche Verjüngung”, die von seinem pensionierten Vorgänger Götze Ende der 80er Jahre zögerlich eingeleitet worden war, fortgesetzt habe.

Die von Matthei angewandte forstwirschaftliche Methode ist die des Schirmschlags (siehe zum Folgenden: NABU-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern: Pflege, Erhaltung und Bewirtschaftung der Buchenwälder des nordostdeutschen Tieflands, Schwerin 2002, Margarete Payer, Materialien zur Forstwirtschaft – Waldbau und Forst, Stuttgart 1998 und Peter Wohlleben, Der Wald – ein Nachruf, München 2013, S. 67 ff.):

Schirmschlag

 

Nach einem Vorbereitungshieb (Phase II), bei dem bis zu 15 % der Altbäume gefällt werden, erfolgt der Besamungshieb (Phase III), dem 30-40% der Altbäume zum Opfer fallen. Ziel ist es, nach einem Mastjahr, in dem viele Bucheckern gebildet werden, eine natürliche Verjüngung einzuleiten. Aus den Bucheckern wachsen auf den freigeschlagenen, besonnten Flächen massenhaft junge Buchen heran. Nach weiteren 2 Jahren erfolgt ein (Nach-)Lichtungshieb (Phase IV), bei dem weitere Altbäume abgesägt werden. Ein paar Altbäume (sog. Überhälter) wurden im Harrl stehen gelassen. Eine allerletzte Räumung unterblieb.

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Desinformationstafel

Auf einer Informationstafel, die im Harrl in der Nähe des Ruheforstes aufgestellt wurde, behauptet das Forstamt, Schirmschlag sei eine Methode der nachhaltigen Forstwirtschaft, die sich “an der Natur orientiert”. Dies ist falsch.

Tafel

Es ist falsch, dass die “aufkeimenden Sämlinge” pralles Sonnenlicht zum Keimen brauchen: Die Buche ist ein Schattenbaum. Bucheckern keimen ganz prima im Schatten. “Lücken” werden deswegen künstlich “geschlagen”, damit die jungen Buchen möglichst schnell wachsen. In einem Urwald stehen sie dagegen oft Jahrzehnte geduldig im Schatten ihrer Mutterbäume. Erst wenn ein alter Baum nach 250 und mehr Jahren abstirbt und abbricht, entstehen kleine Lücken im Kronendach, in die hinein die jungen Buchen wachsen. Im Urwald bilden die langsam wachsenden Jungbuchen ein dichtes, zähes und biegsames Holz aus, das Stürmen standhält und vor Pilzbefall schützt. Im Bückeburger Wirtschaftsforst wachsen die Jungbuchen wie “gedopte Mastschweine” (Peter Wohlleben) schnell heran.

Die Beschreibung “fließender Übergang zur nächsten Baumgeneration” vernebelt die Wirklichkeit. Während in einem Buchenurwald Bäume unterschiedlichster Generationen nebeneinander und in mehreren Schichten wachsen, entsteht im Bückeburger Holzacker ein steriler einschichtiger Altersklassenwald aus dichtgedrängt wachsenden Jungbuchen (siehe oben Phasen IV-VI), der große Ähnlichkeit mit einem “düsteren Fichtenforst” hat.

Jungbuchen

 

“Einige alte Bäume bleiben stehen” und sind krank bis auf den Tod:

Harrl_02

 

Von der Kahlschlagswirtschaft rückte man nicht aus ökologischer Überzeugung ab, sondern zwangsweise: Nach § 12 des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftschaftsordnung sind Kahlschläge ab 1 ha genehmigungspflichtig. Schirmschlag ist Kahlschlag auf Raten: Beide gehören zur Wirtschaftsform des schlagweisen Hochwalds, bei dem auf großen Flächen (Fachbegriff “Schlag”) Bäume gefällt werden.

Das Bundesamt für Naturschutz hält den Schirmschlag ausdrücklich nicht für eine schonende Waldbewirtschaftung: Pro Jahrzehnt sollen maximal 10% der Altbäume gefällt werden. Mindestens 70% der Bäume, die die obere Baumschicht, den sog. Oberstand, bilden, sollen dauernd stehenbleiben.

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NABU und Forstwirtschaft

Dass der NABU sein Logo für diese Desinformationstafel zur Verfügung stellt, kann man erklären: Vorsitzender des NABU in Bückeburg war bis 2014 – dochdoch – Förster Alfred Matthaei. Nach der öffentlichen Kritik ((siehe “Wahllos die Hälfte aller Bäume gefällt”, Schaumburg Lippische Landeszeitung vom 23. Oktober 2013)) trat er von diesem Amt zurück und ist nun stellvertretender Vorsitzender. Ebensogut kann man einem Metzger einen Gnadenhof anvertrauen. (Der Vergleich stammt von Peter Wohlleben.) Verwundern kann das allerdings nicht: Der NABU-Niedersachsen ist eng mit der Forstwirtschaft verbandelt: “Naturschützer und Förster ziehen an einem Strang.” Das Ergebnis dieses “konstruktiven Dialogs” kann man im Harrl bewundern:

Harrl_03

 

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