Da Woid is’ unser Hoamatland – Zur Kritik am Heimatgefühl des Waldlers

“Dieser Nationalpark mag gut sein. Gut für eine Handvoll Profiteure!”
(Leserbrief im Grafenauer Anzeiger vom 7. Mai 2015)

Ressentiments und rechtsradikale Parolen

Müller beschreibt den Groll der Landbewohner, die ohnmächtig zuschauen müssen, wie ihr Wald von fremden Mächten angeblich bewusst zerstört wird. Sie erleben sich als ohnmächtig und “wie ‘Bürger zweiter Klasse’ (Bayerwaldbote Zwiesel, 26. Februar 2007), die von den urbanen Zentren aus regiert werden, ohne etwas zu sagen zu haben”. ((S. 941)) Die “einfachen, anständigen Menschen” vor Ort fühlen sich von “Bürokraten und Wissenschaftlern im Nationalpark und im Ministerium” ((ebd.)) verraten, belogen und betrogen. Müller veranschaulicht diese Ressentiments an drei Leserbriefen:

“Landfremde Interessen haben Besitz ergriffen von diesen Wäldern und zerstören sie bis zur Unkenntlichkeit. Wenn der ganze Wald aussieht wie das Fell eines räudigen Hundes, werden sie abhauen. (Bayerwaldbote Zwiesel, 29. Oktober 2005)”

“Jeder Holzfäller wusste, dass der Borkenkäfer mehrere Kilometer weit fliegen kann, [aber die Wissenschaft erzählte uns das Gegenteil].” (Bayerwaldbote Zwiesel, 14. Juni 2006)

“Menschen, die mit ihrer Heimat verbunden sind und die in der Nähe der Kernzone des Nationalparks leben und hauptsächlich tote Bäume sehen, wenn sie aus ihren Fenstern schauen, haben ein anderes Verständnis von Naturschutz als diejenigen, die weiter weg wohnen.” (Grafenauer Anzeiger, 3. Oktober 2006) ((zit. n. Müller, S. 941))

Müller vergisst zu erwähnen, dass viele Leserbriefe von NLP-Gegnern eine bestürzende Nähe zu rechtsradikalen Parolen haben: Der “Schädling”, den man “ausmerzen” müsse, war ein Lieblingsmotiv der Nazis. 1933 fühlten sich die braven Bürger auch belogen und betrogen – damals von den “Volksverrätern in Weimar”. Im ersten Leserbrief braucht man nur “landfremd” durch “artfremd”, “volksfremd” oder “jüdisch” zu ersetzen. Und im dritten Leserbrief muss man ebenfalls nur wenige Worte austauschen und erhält einen Satz, der so auch in einer Hetzschrift gegen Flüchtlinge stehen könnte:

“Menschen, die mit ihrer Heimat verbunden sind und die in der Nähe eines Asylantenheims leben und hauptsächlich Flüchtlinge sehen, wenn sie aus dem Fenster schauen, haben ein anderes Verständnis von Asylrecht als diejenigen, die weiter weg wohnen.”

Ich bin mir sicher, dass viele NLP-Gegner genauso lautstark die Inhaftierung von Flüchtlingen in Lagern fordern wie die Bekämpfung des Borkenkäfers. Dazu passt, dass sich NLP-Gegner auf Informationsveranstaltungen zum NLP so aufführten wie dereinst der SA-Pöbel, der eine Versammlung der KPD stürmt.

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