Exkursion in den Schattiner Zuschlag mit Revierleiter Baeskow

Ein Urwald ohne Wege und Schilder

Ich frage, warum man in diesem wunderschönen Wald ganz auf Wegmarkierungen und Ausschilderungen verzichtet und auch keine richtigen Wanderwege anlegt. Schließlich sei der Wald doch eine Attraktion. Baeskow verweist auf die hohen Kosten für den Wegebau. So hat er bei einem Besuch im NLP Bayerischer Wald einmal gefragt, was die Anlage eines 500 m langen Bohlenstegs gekostet habe. 1,5 Millionen Euro war die Antwort. So etwas kann sich der Stadtwald Lübeck nicht leisten. Außerdem bevorzugt Baeskow persönliche Führungen durch den Schattiner Zuschlag. Das sei besser als beispielsweise Lehrtafeln aufzustellen.

Jörg Baeskow (1. v. r.) beantwortet Fragen der Exkursionsteilnehmer.

 

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Die Kritik traditioneller Förster am Lübecker Stadtwald

Auf Nachfrage kommt Baeskow auf eine ganz spezielle Gruppe von Besuchern des Stadtwalds zu sprechen: die Förster. Schätzungsweise 1.000 Kollegen habe er in seiner Dienstzeit schon durch den Schattiner Zuschlag geführt. Die meisten davon reagieren sehr skeptisch auf das Bewirtschaftungskonzept der Lübecker.

Ein häufiger Vorwurf, den er zu hören bekommt, lautet: “Ihr verzichtet auf Holz!” Den Lübeckern wird angekreidet, dass sie einen großen Teil des jährlichen Zuwachses von 25.000 Fm im Wald belassen und nicht nutzen. So wurde in der Vergangenheit häufig nur 12.000 Fm geerntet. Baeskow kontert auf den Vorwurf immer: “Nein Ihr!” Seit 1992 nahm die Holzmasse im Lübecker Stadtwald von durchschnittlich 320 Fm / ha im Jahr 1992 innerhalb von 20 Jahren auf 450 Fm / ha zu. Ziel ist ein Holzvorrat auf 600 Fm. Das wären dann 80 % der Holzmasse, die auf den Referenzflächen wie z. B. dem Schattiner Zuschlag wächst. Folge dieses Vorratsaufbaus ist, dass der jährliche Zuwachs auch größer geworden ist. Baeskow veranschaulicht das mit Zahlen: So kommen in einem normalen Buchenbestand in guten Jahren 9-10 Fm/ha Holz hinzu. Auf den Stilllegungsflächen sind es dagegen 15-16 Fm/ha. Ein Grund ist vermutlich auch, so Baeskow, dass die Bäume viel weniger Stress haben. In einem bewirtschafteten Wald werde viele Bäume durch Fällungen und beim Rücken beschädigt. Das führt zu Stress und das wiederum vermindert das Wachstum. Neben dem Zuwachs bei lebenden Holz achtet man auf auf das Totholz: 15 % der gesamten Holzmasse soll aus Totholz bestehen.

umgekippte Methusalembuche an einem Bach im Schattiner Zuschlag

Ich frage Baeskow, warum das Lübecker Konzept trotz der Anstrengungen bei der Öffentlichkeitsarbeit nicht mehr Anklang bei den deutschen Forstwirten findet. Baeskow meint, das liege auch daran, dass die Förster nach der Exkursion nach Lübeck wieder in ihr eigenes Revier zurückkehren und dort keine Möglichkeit sehen, ein neues Konzept umzusetzen. Dann verfallen sie wieder in den alten Trott.

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