Artenvielfalt auf belassenen Borkenkäferflächen

Altholzbesiedler

“Trockenes Nadelholz wird von Scheibenböcken […] bevorzugt.” ((Schlüsselwerte, S. 58)) Ein Beispiel ist der Blaufarbige Scheibenbock (Callidium aeneum):

Callidium aeneum bl
Blaufarbiger Scheibenbock (Callidium aeneum)

Die Larven des Kleinen Schmalbocks (Stenurella melanura) benötigen Totholz, das sich in einem fortgeschrittenen Zersetzungsstadium befindet. Die erwachsenen Käfer fressen Blütenpollen. Auf Borkenkäferflächen ging er den Forschern 181-mal in die Falle, auf Wiesen dagegen nur 9-mal: ((Borkenkäfer …, Tabelle 1, S. 10))

Strangalia melanura - side (aka)
Kleiner Schmalbock (Stenurella melanura)

Der Sechsfleckige Halsbock (Judolia sexmaculata) wurde im NLP ausschließlich auf Löchern im Wald und an deren Rand gefunden, die durch den Borkenkäfer entstanden waren. Er lebt nicht auf Wiesen und auch nicht in geschlossenen Wäldern. ((Borkenkäfer …, Tabelle 1, S. 10))

Judolia sexmaculata (Linné, 1758) (4606504959)
Sechsfleckiger Halsbock (Judolia sexmaculata)

Der Dichtbehaarte Halsbock (Lepturobosca virens) lebt im NLP ausschließlich auf Borkenkäferlöchern. Nicht einmal an deren Rand fand man Exemplare. ((Borkenkäfer …, Tabelle 1, S. 11))

Lepturobosca virens side
Dichtbehaarter Halsbock (Lepturobosca virens)

Der Gefleckte Blütenbock (Pachytodes cerambyciformis) braucht altes, zersetztes Totholz für seine Larven. 10 Exemplare wurden auf Borkenkäferflächen gefunden, nur 1 einziges Exemplar auf einer Wiese. ((Borkenkäfer …, Tabelle 1, S. 11))

Pachytodes cerambyciformis up
Gefleckter Blütenbock (Pachytodes cerambyciformis)

Der Zottenbock wurde erst 2013 im NLP entdeckt. Er zählt zu den ehemals 115 Urwaldreliktarten in Deutschland, von denen 19 bereits ausgestorben sind. Sie sind auf Reste von Urwäldern angewiesen, die ununterbrochen seit Jahrhunderten existieren. ((Schlüsselwerte, S.94)) 16 Urwaldreliktarten sind für den NLP nachgewiesen. ((siehe Käfer-Rarität im Nationalpark Bayerischer Wald nachgewiesen, Pressemitteilung vom 15. Januar 2015))

Tragosoma depsarium 3
Zottenbock (Tragosoma depsarium)

Der zur Familie der Schnellkäfer gehörende Ampedus nigrinus ist ebenfalls auf Borkenkäferflächen spezialisiert. Die Larven fressen sich durch stärker zersetztes Totholz:
Ampedus nigrinus01 neu
Ampedus nigrinus

Ampedus erythrogonus lebt zwar auch auf Borkenkäferflächen, kommt aber sehr viel seltener vor: Von A. nigrinus wurden 155 Käfer auf den Befallsflächen und 309 an deren Rand gezählt, von A. erythrogonus dagegen nur 4 auf der Fläche und 32 an deren Rand. ((Borkenkäfer …, Tabelle 1, S. 11))

Ihr enger Verwandter, der Goldfüßige Schnellkäfer (Ampedus auripes), zählt zu den ehemals 115 Urwaldreliktarten in Deutschland, von denen 19 bereits ausgestorben sind. Sie sind auf Reste von Urwäldern angewiesen, die ununterbrochen seit Jahrhunderten existieren. Er “hat in den Borkenkäferbefallsflächen von Rachel und Lusen einen enormen Aufschwung genommen.” ((Schlüsselwerte, S.94))

Männchen von Ampedus auripes
Ampedus auripes (Foto mit freundlicher Genehmigung von Nikola Rahmé)

 

Die folgenden drei Käfer lieben die Trockenheit und Wärme abgestorbener Fichten, die auf belassenen Windwürfen stehen: Xestobium austriacum, Anobium thomsoni, beide aus der Familie der Nagekäfer, und der Schwarzkäfer (Bius thoracicus). ((Schlüsselwerte S. 94)) Letzterer galt in Deutschland bereits als ausgestorben, wurde aber jetzt u. a. im NLP wiedergefunden. ((Heinz Bußler, Reliktarten: Fenster in die Vergangenheit, LWF aktuell 63/2008, S. 9)) Die drei Käfer sind Indikatorarten für “stehendes besonntes Fichtenholz” ((Schlüsselwerte, S. 94)), wie es auf den Windwürfen in Massen vorkommt. Im Umkehrschluss heißt dies, dass die die Autoren Moning, Bussler und Müller Windwürfen nur dann “naturschutzfachlich gute Erhaltungszustände” bescheinigen, wenn diese nicht geräumt wurden.

Alle drei Käfer sind so selten, dass Wikimedia Commons keine Fotos von ihnen hat. Ein Foto vom Schwarzkäfer (Bius thoracicus) finden Sie auf einer Webseite des russischen Käferexperten Kirill Vladimirovich Makarov.

Xestobium austriacum ist leicht zu verwechseln mit seinem Verwandten, dem Gescheckten Nagekäfer (Xestobium rufovillosum):

Xestobium rufovillosum
Gescheckter Nagekäfer (Xestobium rufovillosum)

Anobium thomsoni sieht dem allgemein bekannten Gemeinen Holzwurm (Anobium punctatum) sehr ähnlich:

Anobium punctatum above
Gemeiner Holzwurm (Anobium punctatum)

Auch ein enger Verwandter von Anobium thomsoni kommt ebenfalls fast ausschließlich auf Borkenkäferflächen vor: Er trägt den schönen Namen Trotzkopf (Anobium pertinax). ((Borkenkäfer …, Tabelle 1, S. 11; Anobium pertinax heißt bei Wikipedia Hadrobregmus pertinax)) Die Larven fressen sich zwei Jahre lang kreuz und quer durch altes, zersetztes Totholz.

Hadrobregmus pertinax bl
Trotzkopf (Hadrobregmus pertinax)

 

Nach oben
Zurück zur Einleitung
Nächste Seite: Räuber