Durchforstung im Seckbornsgrund

Meinungen von Waldexperten zur Durchforstung

Am 27. und 28. November fand der 4. Workshop der Verbände- und Dialogplattform Wald statt. Das Thema war “Holzproduktion und Naturschutz”. Tagungsort war die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt in Göttingen. Am 28. November führte eine Exkursion zu dem Buchenmischwald, den ich auf den vorigen Seiten beschrieben habe. Mit von der Partie waren Prof. Dr. Hermann Spellmann und Dr. Peter Meyer von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt, Prof. Dr. Bernhard Möhring von der Georg-August-Universität Göttingen, Knut Sturm, Leiter des Lübecker Stadtwalds, und zahlreiche Förster der Niedersächsischen Landesforsten. Revierleiter Dietmar Raab und Forstamtsleiter Martin Levin stellten das Durchforstungskonzept des Göttinger Forstamts vor.

links mit der roten Mappe Hermann Spellmann, mit schwarzer Mütze und roten Schnürsenkeln Peter Meyer, mit brauner Mütze und Jacke Bernhard Möhring, ganz rechts mit weißem Bart Martin Levin

Die Mehrzahl der anwesenden Förster sprach sich bei der anschließenden Diskussion für einen stärkeren Eingriff aus:

  • “Ist dieser minimale Eingriff überhaupt eine waldpflegende Maßnahme? Oder ging es nur darum, dass das Rückepferd Beschäftigung gehabt hat?”
  • “Wenn so wenig Holz eingeschlagen wird, kann man gleich die Hände in der Tasche lassen!”
  • “Gehe ich für 15 Festmeter pro Hektar überhaupt los?”
  • “Wurde das Potential des gesamten Bestandes gehoben? Hätte man nicht mehr Z-Bäume ausweisen müssen?”
  • “Wurden die Kronen der Z-Bäume sachgerecht ausgebaut?”
  • “Die Edellaubhölzer wurden nicht herausgearbeitet!”
  • “Bekommen die Edellaubbäume genügend Licht? Läuft das nicht auf einen reinen Buchenwald hinaus?”
  • “Der Unterstand bekommt nicht genügend Licht und wird vergehen!”
  • “Hier herrscht ein Pflegerückstand!”

Knut Sturm, Leiter des Lübecker Stadtwalds, verteidigte das Konzept und machte auf eine Besonderheit der Diskussion aufmerksam: Nicht einer der Kritiker hatte über Biotop- und Totholz gesprochen: “Wenn wir Förster es ernst meinen mit der multifunktionalen Forstwirtschaft, dann müssen wir überall für einen hohen Anteil an Biotop- und Totholz sorgen – auch dort, wo Wertholz produziert wird.” Wenn ein Förster aber alle Protzen und alle schiefen und krummen Bäume entfernt und die Z-Bäume so freistellt wie Apfelbäume auf einer Streuobstwiese, dann entstehen vorratsarme Wälder mit einem niedrigen Anteil an Biotop- und Totholz.

in der Mitte Dietmar Raab, rechts Knut Sturm

Sturm spitzte die Diskussion auf die Frage zu: “Wie viel Förster braucht der Wald?” und gab selbst eine provokative Antwort: “Meine Förster wollen nicht mehr durchforsten!” Von seinen fünf Revierleitern ist nur noch einer der Ansicht, dass Durchforstungen schon noch Sinn machen. Die restlichen vier aber sagen mittlerweile: “Den Blödsinn brauchen wir nicht mehr machen!”

links mit roten Schnürsenkeln Revierleiter Dietmar Raab, rechts mit Bart Knut Sturm, Leiter des Lübecker Forstamts

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