Herbstwanderung zum Rachel

Sechs Ursachen für die spärliche Naturverjüngung

6. Frühere Totholzentfernung

Der Bergfichtenwald in den Hochlagen war zum Zeitpunkt der Nationalparkgründung kein Urwald mehr. Vermutlich wurden ab dem 17. Jahrhundert wenige einzelne starke und alte Fichten an Ort und Stelle zur Aschegewinnung verbrannt und die Pottasche zu den Glashütten im Tal transportiert. Nach dem Ausbau des Ilzer-Trift-Komplexes 1836/37 begann die Bayerische Forstverwaltung mit der sogenannten Einzelplenterung: Einzelne Fichten wurden gefällt. ((Heurich, S. 105)) Zu systematischen Plenterhieben ist es zwar nie gekommen; sie wurde “in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts” ((Heurich, S. 106)) eingestellt. Aber das Totholz wurde entfernt und als Brennholz genutzt. Heurich zitiert aus “einer Besprechung zwischen dem königlichen Ministerialkommissär Waidmann und den Amtsvorständen der Forstämter des Inneren Bayerischen Waldes im Jahre 1840”:

“Das Hauptaugenmerk wolle man vorerst auf die Reinigung der betreffenden Waldungen von dem noch brauchbaren dürren und abständigen Holze ((abständig = überaltert, absterbend, dürr)) richten.” ((Heurich, S. 105))

Ohne das vermodernde Holz abgestorbener Fichten auf dem Waldboden aber fehlt das Keimbett für die Fichtensamen (Rannenverjüngung). In hohem Gras können Fichtensamen nicht keimen. ((siehe oben: Konkurrenz durch Gräser und Farne)) So entsteht ein alter Fichtenwald, ohne dass am Waldboden bereits eine neue Generation in den Startlöchern steht. Die Forschungsabteilung des Nationalparks hat auf die negativen Folgen der Totholzentfernung hingewiesen:

“Dass der Wald sich verjüngen kann, und dies auch tut, zeigen die Inventurergebnisse über den ganzen Nationalpark. Dass dies auf Teilflächen verzögert erfolgt, ist Ergebnis der früheren Totholzentfernung aus den Hochlagenwäldern.” ((Jörg Müller, Claus Bässler, Christoph Moning, Wilder Wald – Was bedeutet das für seine Bewohner? in: Unser Wilder Wald, Nr. 21 – Sonderausgabe “Kyrill”, S. 11))

Ich fasse zusammen: Sechs Faktoren (Boden, Höhe, Hangrichtung, Absterbezeitpunkt, Konkurrenz, Totholzentfernung) führen also dazu, dass der Rachel die “ungünstigsten Verjüngungsbedingungen” ((Heurich, S. 153)) aufweist und die Verjüngungsdichte “nur 677 Pflanzen je Hektar beträgt” ((Heurich, S. 135)).

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